Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am 12. Mai 1992 durch Selbsttötung verstorbenen Ehemanns H. E. (Erblasser). Die Eheleute lebten zuletzt getrennt. Der Erblasser hatte zwei Monate vor seinem Tode die Beklagte in seine Wohnung aufgenommen. Er war Eigentümer von Wertpapieren im Werte von 170.000 DM. Die Klägerin hat unmittelbar nach dem Tode ihres Ehemanns ihre Tochter, die Zeugin P., gebeten, in der Wohnung des Erblassers nach den Papieren zu suchen und sie ihr zu bringen. Die Zeugin P. traf sich am Tage nach dem Tode des Erblassers in dessen Wohnung mit der Beklagten, der Zeugin C. und weiteren Verwandten. Sie erklärte den Anwesenden, sie solle die Wertpapiere holen, und fragte sie, ob sie wüßten, wo sie seien. Dies wurde verneint. Bei der anschließenden Suche wurden die Papiere nicht gefunden. Einige Tage später hat die Zeugin C. der Beklagten die Papiere übergeben.
Die Beklagte trägt vor: Der Erblasser habe ihr etwa zwei Wochen vor seinem Tode erklärt, falls ihm etwas passiere, sei für sie gesorgt; bei der Zeugin C., die Bescheid wisse, liege etwas für sie bereit. Tatsächlich habe der Erblasser die Wertpapiere in einem verschlossenen Umschlag der Zeugin C., einer Tante des Erblassers, mit der ihn ein besonderes Vertrauensverhältnis verband, übergeben und sie beauftragt, den Umschlag der Beklagten weiterzugeben, falls ihm etwas passiere.
Die Klägerin hat erst einige Zeit später erfahren, daß sich die Papiere bei der Beklagten befinden. Sie macht geltend, daß die Papiere zum Nachlaß gehören, und fordert ihre Herausgabe, soweit sie noch im Besitz der Beklagten sind; im übrigen beansprucht sie den Verkaufserlös. Die Beklagte beruft sich auf eine wirksame Schenkung und beantragt die Abweisung der Klage.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre Anträge weiter.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt: Der Erblasser sei bis zu seinem Tode Eigentümer der Wertpapiere gewesen. Anhaltspunkte dafür, daß er sie schon zu Lebzeiten an die Zeugin C. oder an die Beklagte übereignet habe, lägen nicht vor. Die Klägerin sei mit dem Erbfall Eigentümerin der Wertpapiere geworden. Sie habe das Eigentum auch nicht dadurch verloren, daß die Zeugin C. als Vertreterin des Erblassers die Papiere an die Beklagte übereignet habe. Zwar habe nach dem Vortrag der Beklagten eine über seinen Tod hinausreichende Vollmacht des Erblassers zur Übereignung der Papiere an die Beklagte vorgelegen. Diese Vollmacht sei jedoch frei widerruflich gewesen, zunächst durch den Erblasser, nach dessen Tod durch die Klägerin. In der Suche nach den Papieren liege ein Widerruf der Übereignungsvollmacht, den die Zeugin P. in Vertretung und mit Vollmacht ihrer Mutter erklärt habe. Die Klägerin und ihre Tochter hätten zwar nicht gewußt, wo die Papiere waren und daß der Erblasser der Zeugin C. eine Vollmacht zur Übereignung an die Beklagte erteilt hatte. Mit der Suche nach den Papieren habe die Klägerin für die Zeugin C. und die Beklagte aber deutlich erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß sie die Papiere haben wolle und daß sie nicht weggegeben werden sollten. Darin sei im Wege der ergänzenden Auslegung ein Widerruf der vom Erblasser erteilten Vollmacht zu sehen. Die Zeugin C., die das Kuvert von dem Erblasser zur Weitergabe an die Beklagte erhalten habe und die Beklagte, die gewußt habe, daß der Erblasser für sie etwas bei der Zeugin C. hinterlassen hatte, hätten diesen hypothetischen Willen der Klägerin erkennen und die Suche nach den Papieren als Vollmachtswiderruf verstehen müssen. Eine spätere Genehmigung der Klägerin sei zu verneinen.
II.
Diese Ausführungen halten in wesentlichen Punkten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht in der Suche nach den Papieren einen Widerruf der Vollmacht gesehen.
Der Widerruf setzt als Willenserklärung das Bewußtsein voraus, daß eine rechtsgeschäftliche Erklärung wenigstens möglicherweise erforderlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1968 - V ZR 221/64 = WM 1968, 775). Soweit einem tatsächlichen Verhalten auch ohne ein solches Erklärungsbewußtsein oder ohne einen Rechtsbindungswillen die Wirkungen einer Willenserklärung beigelegt werden (vgl. BGHZ 109, 171, 177 m.w.Nachw.), geschieht dies zum Schutze des redlichen Rechtsverkehrs und setzt einen Zurechnungsgrund voraus, der nur dann gegeben ist, wenn der sich in mißverständlicher Weise Verhaltende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, daß die in seinem Verhalten liegende Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefaßt werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat. Diese Grundsätze gelten insbesondere auch für schlüssiges Verhalten ohne Erklärungsbewußtsein, wie es hier vorlag (BGH aaO). Soll es als Willenserklärung rechtliche Folgen haben, muß der sich Äußernde fahrlässig bei dem Erklärungsempfänger das Vertrauen auf einen bestimmten Erklärungsinhalt seines Verhaltens geweckt haben. Dieser Begründungsansatz und der Schutzzweck schließen es aus, aus einem tatsächlichen Verhalten ohne Erklärungsbewußtsein Rechtsfolgen zu Lasten Dritter herzuleiten. Die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt durch den "Erklärenden" ist kein vernünftiger Grund, seine Rechtsstellung zu verbessern; bei ihm fehlt es im übrigen an einem durch sein eigenes Verhalten geschaffenen schutzwürdigen Vertrauen.
Die Zeugin P. wußte nichts von einer durch den Erblasser erteilten Vollmacht. Sie war mit der Suche nach den Papieren beauftragt. Die Ausführung dieses Auftrags schloß ein irgendwie geartetes, auf die ihr unbekannte Vollmacht gerichtetes Erklärungsbewußtsein aus. Für eine ergänzende Auslegung ihres zur Erzeugung von Rechtswirkungen ungeeigneten Verhaltens ist deshalb kein Raum.
2. Das angefochtene Urteil konnte somit keinen Bestand haben. Eine eigene Sachentscheidung war dem erkennenden Senat nicht möglich.
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die Übereignung der Wertpapiere an die Beklagte nicht nachträglich genehmigt, rechtsfehlerfrei. Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die spätere Äußerung der Klägerin, die Beklagte solle die Papiere behalten, wenn sie diese rechtmäßig erworben habe, nicht als Genehmigung gewertet worden ist. Mit ihrer abweichenden Deutung ersetzt die Revision die tatrichterliche Würdigung in unzulässiger Weise durch ihre eigene.
b) Das Berufungsgericht hat den Vortrag der Beklagten über die vom Erblasser getroffenen Anordnungen als richtig unterstellt. Es wird nunmehr über Inhalt und Zweck dieser Anordnungen Feststellungen zu treffen und sich gegebenenfalls mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob in diesen Anordnungen ein Schenkungsversprechen lag. Wird das bejaht, ist zu prüfen, ob es sich um ein Schenkungsversprechen unter Lebenden handelte, das erst nach dem Tode des Versprechenden vollzogen werden sollte und konnte (vgl. BGH, Urteile vom 19. Oktober 1983 - IVa ZR 71/82 = NJW 1984, 480, 481 und vom 12. November 1986 - IVa ZR 77/85 = NJW 1987, 840 sowie vom 18. Mai 1988 - IVa ZR 36/87 = NJW 1988, 2731), oder ob ein wegen Nichteinhaltung der Form des § 2301 Abs. 1 BGB nichtiges Schenkungsversprechen auf den Todesfall anzunehmen ist, das nicht durch vom Erblasser beauftragte Personen geheilt werden konnte (vgl. BGHZ 99, 97, 100 m.w.Nachw.; BGH, Urteil vom 18. Mai 1988 - IVa ZR 36/87 = NJW 1988, 2731, 2732). Soweit das Verhalten der Zeugin C. als Bevollmächtigte des Erblassers unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs der Vollmacht gegenüber den Erben zu beurteilen ist, wird auf die dazu vom erkennenden Senat entwickelten Grundsätze (Urteil vom 25. Oktober 1994 - XI ZR 239/93 = WM 1994, 2190, 2192) hingewiesen.