1. Aufgabe des Kausalitätserfordernisses?
Der Frustrierungsgedanke unterläuft nicht das Kausalitätserfordernis zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und dem zu ersetzenden Schaden (so aber Keuk S. 246). Zwar liegen die frustrierten Aufwendungen in der Regel zeitlich vor dem die Ersatzpflicht auslösenden Ereignis; der Verlust oder das Ausbleiben des mit den Aufwendungen erkauften Äquivalents aber liegt zeitlich nach diesem Ereignis und wird durch es verursacht. Um dieses Äquivalent geht es. Seine Marktgängigkeit weist es als ein vermögenswertes Gut aus; die für es getätigten Aufwendungen geben einen Anhaltspunkt für seine Bewertung. Der Frustrierungsgedanke führt auch nicht zu einem originären Deliktsschutz von Vertragspositionen (so aber Stoll JZ 1971, 595). Denn nach wie vor bedarf es zur Haftungsbegründung aus Delikt der Verwirklichung eines entsprechenden Tatbestandes; allein im Rahmen der Haftungsausfüllung kann die Frustration von Aufwendungen zu einem ersatzfähigen Vermögensschaden führen. In diesem Rahmen aber sind bestehende Vertragsbeziehungen schon immer berücksichtigt worden, wenn es etwa darum ging, einen aus diesen Beziehungen zu erwartenden, wegen des haftungsauslösenden Ereignisses aber nicht realisierten Gewinn zu berechnen. Die Verknüpfung des Frustrierungsgedankens mit der Kommerzialisierungsidee und die so erreichte Orientierung an einem objektivierten Maßstab läßt auch die Kritik ins Leere laufen, die der traditionellen Frustrationslehre das Fehlen eines kontrollierenden intersubjektiven Maßstabs vorhält (Küppers VersR 1976, 606). Ob mit der Einführung objektiver, verallgemeinernder Kriterien die Grundkonzeption der Frustrationslehre aufgegeben wird (so Küppers a. a. O.), ist letztlich eine Frage des Sprachgebrauchs und mag als solche dahinstehen. Die Kommerzialisierungsthese allein reicht jedenfalls als Entscheidungsrichtlinie nicht hin, weil sie allzu leicht dazu verführt, auch dort Vermögensverluste anzunehmen, wo der Frustrierungsgedanke deutlich macht, daß das durch die Aufwendungen erstrebte Äquivalent gar nicht aus dem Vermögen des Ersatzberechtigten verschwunden ist. Trifft jemand Aufwendungen für langfristige Nutzungen, sei es durch Kauf, Miete oder Pacht, so liegt es von vornherein in seinem Plan, daß es auch Zeiten gibt, in denen die Nutzung nicht aktualisiert wird. Die zeitweilige Nutzungsvereitelung durch Dritte führt hier nicht zum Entzug des mit dem Geldeinsatz angestrebten Äquivalents und deshalb nicht zu einem Vermögensschaden (im Ergebnis ebenso MünchKomm-Grunsky vor § 249 Rz. 21). Mit der bloßen Kommerzialisierungsthese ohne Fruchtbarmachung des Frustrierungsgedanken ließe sich dieses (wünschenswerte) Ergebnis schwerlich begründen.
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