Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 402 Randnummer 13

III. Erfahrungssätze

Empirische Generalisierungen, Erfahrungssätze, erheben wie implizit geltende Normen einen Geltungsanspruch, der über Einzelfeststellungen und Einzelerfahrungen hinausgeht. Sie werfen damit die Frage auf, wann man mit welcher Erfahrungsbasis welche Generalisierung für gerechtfertigt halten darf. Da die Erfahrungsbasis weniger Informationen enthält als die Generalisierung, stehen wir vor dem klassischen, auch als Hume's Herausforderung bezeichneten Induktionsproblem (vgl. Stegmüller Das Problem der Induktion: Hume's Herausforderung und moderne Antworten, in: Lenk (Hrsg.), Neue Aspekte der Wissenschaftstheorie, 1971, S. 13 ff. (Nachdruck: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1975)). Es gibt keinen wahrheitskonservierenden Schluß von einer notwendig begrenzten Anzahl von Beobachtungsberichten (Erfahrungsbasis) auf einen Satz, dessen Geltungsanspruch über die Beobachtungsberichte hinausgeht (Generalisierung, Erfahrungssatz). Erfahrungssätze können nicht verifiziert, ihre Gültigkeit nicht endgültig bewiesen werden. Man kann allenfalls von mehr oder weniger bewährten Erfahrungssätzen sprechen. Die Bewährung hängt von der Prüfung der im Erfahrungssatz zum Ausdruck gebrachten Hypothese ab. Ein Jurist sollte deshalb wenigstens in den Grundzügen mit den Strukturen der Hypothesenprüfung vertraut sein, die für alle Fachdisziplinen gemeinsam gelten (vgl. zum folgenden auch Koch/Rüßmann §§ 37 bis 40, deren Darstellung zum Teil wörtlich übernommen wird).


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