Euleklein.gif (982 Byte) Ratenkredit Eulerechtsklein.gif (984 Byte)

Home Nach oben Fallgruppen Wucher Rechtsfolgen Ratenkredit

Insbesondere: Wucherähnliche Ratenkredite

Vor Erlass des Verbraucherkreditgesetzes, das am 1. Januar 1991 in Kraft getreten ist und mit dem 1. Januar 2002 in das BGB integriert worden ist, versuchte die Rechtsprechung, den Verbraucher vor unangemessenen Kreditverträgen mit dem Instrument der Sittenwidrigkeitskontrolle zu schützen. Sie nahm § 138 Abs. 1 BGB zum Ausgangspunkt der Kontrolle und belegte Konsumentenkredite mit dem Sittenwidrigkeitsverdikt, wenn der vertraglich vereinbarte effektive Jahreszins relativ um mehr als 100% oder absolut um mehr als 12 Prozentpunkte über dem Vergleichszins lag, der den Monatsberichten der Deutschen Bundesbank über den durchschnittlichen Zinssatz bei Ratenkrediten entnommen wurde und wird. Das Verbraucherkreditgesetz hat diese Sittenwidrigkeitskontrolle nicht abgelöst. Im Gegenteil: Der Gesetzgeber hat sich trotz Anmahnung geweigert, eine Regelung für die sittenwidrigen Ratenkredite zu treffen.

Die Monatsberichte der Deutschen Bundesbank werden im Internet als pdf-Dateien zur Verfügung gestellt. Nach dem Bericht Dezember 2005 bewegte sich der Durchschnitt des effektiven Jahreszinses bei Ratenkrediten in den Monaten Februar bis Oktober 2005 zwischen 7,03 und 6,80%.

Mit dem effektiven Jahreszins soll ein einheitlicher Vergleichsmaßstab für Kredite geschaffen werden. In ihm soll die in einem Vomhundertsatz des Nettokreditbetrages (bei Geldkrediten) oder des Barzahlungspreises (bei Leistungskrediten) gemessene Gesamtbelastung pro Jahr zum Ausdruck gebracht werden. Wie das geschehen kann, wollen wir an einem Beispiel verdeutlichen, das dem Handbuch zum Verbraucherkredit von Reifner entnommen ist.

Nettokredit 10.000,00 DM
Kreditgebühren (1% p.m.) 7.200,00 DM
Bearbeitungsgebühr 315,00 DM
Maklercourtage 500,00 DM
Gesamtkosten 8.015,00 DM
Laufzeit 72 Monate
Auszahlung 1.1.1979
Rückzahlung 71 Monatsraten à 250,00 DM ab 1.2.1979
1 Monatsrate à 265,00 DM (letzte Rate)  

In diesem Beispiel fehlt die Angabe des effektiven Jahreszinses, obwohl die Preisangabenverordnung diese Angabe verlangt. Die Rechtsprechung behandelt die Preisangabenverordnung aber nicht als Verbotsgesetz, so dass der Kreditvertrag schon nach § 134 BGB unwirksam wäre. Wir müssen uns also um den effektiven Jahreszinssatz bemühen, um feststellen zu können, ob der Kreditvertrag als wucherähnlicher Kredit nach § 138 BGB nichtig ist.

Betrachtet man den konkreten Kreditfall, so finden wir eine ganze Menge von Angaben zu dem Kreditverhältnis. Der effektive Jahreszins will sich daraus aber nicht ohne weiteres erschließen. Man könnte allenfalls geneigt sein, die Kreditgebühren mit 1% per Monat auf das Jahr hochzurechnen und einen Jahreszinssatz von 12% per anno annehmen. Mit dieser Milchmädchenrechnung, auf die möglicherweise die Banken durch die Angabe von Monatszinssätzen bauen, läge man aber völlig falsch. Zum einen würden damit nicht die Gesamtkosten erfasst (es fehlen die Bearbeitungsgebühr und die Maklerkosten), zum anderen - und das wiegt schwerer - werden die Kreditgebühren für die gesamte Laufzeit auf den Nettokreditbetrag berechnet (1% von 10.000 sind 100 multipliziert mit 72 Monaten ergibt 7.200), obwohl der Nettokreditbetrag gar nicht für die gesamte Laufzeit zur Verfügung steht. Er wird vielmehr mit jeder Monatsrate um einen noch zu erörternden Tilgungsbetrag geringer. Die Effektivzinsberechnung muss diese Tilgung mit in Rechnung stellen.

Methoden zur Berechnung des effektiven Jahreszinses

Wir kennen verschiedene Methoden der Berechnung des effektiven Jahreszinses. Eine der Methoden lässt sich mit dem Taschenrechner in vertretbarer Zeit bewältigen. Es ist die Uniformmethode. Sie arbeitet mit folgender Formel:

 

Setzen wir in diese Formel die Werte unseres Falles ein, so erhalten wir einen effektiven Jahreszins von 26,35%.

Mit der Uniformmethode hat die Praxis in der Rechtsprechung sich lange Zeit begnügt. Sie ist unter dem geltenden Recht nicht mehr erlaubt. Im geltenden Recht stehen andere Methoden zur Diskussion. Es handelt sich um finanzmathematische Methoden, die anders als die Uniformmethode universell einsetzbar sind, die aber den Nachteil haben, dass sie nicht in vertretbarer Zeit mit einem Taschenrechner bewältigt werden können. Ihnen liegen nämlich Formeln zugrunde, die sich nicht zum effektiven Jahreszinssatz hin auflösen lassen. Diese Formeln ergeben den korrekten effektiven Jahreszinssatz nur durch wiederholtes Ausprobieren im Wege von Annäherungs- oder Iterationsverfahren. Um solche Iterationsverfahren lediglich mit einem Taschenrechner durchzuführen, braucht man viel Zeit. Die Zeit der Richter ist dafür zu kostbar. In dieser Lage müssen entweder andere ihr Expertenwissen dem Richter in jedem einzelnen Kreditfall zur Verfügung stellen (Beweis durch Sachverständige) oder aber die Richter bekommen solche Instrumente an die Hand, mit denen sie in vertretbarer Zeit die Berechnungen selber durchführen können. Diese Instrumente liegen in der EDV. Hier kann man entweder auf spezielle Kreditprogramme zurückgreifen - da weiß man aber häufig nicht, ob die auch richtig rechnen - oder aber mit einem Tabellenkalkulationsprogramm ein nicht spezifisch auf Kredite ausgerichtetes Rechenprogramm einsetzen, das in der Lage ist, die Daten des Kreditfalles aufzunehmen und den effektiven Jahreszinssatz durch Iterationsverfahren (Zielwertsuche) zu bestimmen. Sachverständiger oder Computer! Eine vertretbare andere Alternative ist nicht in Sicht.

Die Handhabung eines Tabellenkalkulationsprogramms gehört zur Allgemeinbildung und damit auch zur Bildung der Juristen (wenigstens der jüngeren Generation).

§ 4 der Preisangabenverordnung vom 14. Oktober 1992

Verschiedene finanzmathematisch korrekte Methoden stehen miteinander im Streit. Eine spezifisch deutsche Methode ist die 360-Tage-Methode, die in § 4 Abs. 2 Preisangabenverordnung festgelegt war und dem deutschen Rechtsanwender auch durch § 4 Abs. 2 Satz 2 VerbrKrG vorgeschrieben wurde. § 4 Preisangabenverordnung in der Fassung vom 14. Oktober 1992 lautete:

(1) Bei Krediten sind als Preis die Gesamtkosten als jährlicher Vomhundertsatz des Kredits anzugeben und als "effektiver Jahreszins" oder, wenn eine Änderung des Zinssatzes oder anderer preisbestimmender Faktoren vorbehalten ist (§ 1 Abs. 4), als "anfänglicher effektiver Jahreszins" zu bezeichnen. Zusammen mit dem anfänglichen effektiven Jahreszins ist auch anzugeben, wann preisbestimmende Faktoren geändert werden können und auf welchen Zeitraum Belastungen, die sich aus einer nicht vollständigen Auszahlung des Kreditbetrages oder aus einem Zuschlag zum Kreditbetrag ergeben, zum Zwecke der Preisangabe verrechnet worden sind.

(2) Der anzugebende Vomhundertsatz gemäß Absatz 1 beziffert den Zinssatz, mit dem sich der Kredit bei regelmäßigem Kreditverlauf, ausgehend von den tatsächlichen Zahlungen des Kreditgebers und des Kreditnehmers, auf der Grundlage taggenauer Verrechnung aller Leistungen und nachschüssiger Zinsbelastung gemäß § 608 BGB staffelmäßig abrechnen läßt. Bei der Berechnung des anfänglichen effektiven Jahreszinses sind die zum Zeitpunkt des Angebots oder der Werbung geltenden preisbestimmenden Faktoren zugrunde zu legen. Der anzugebende Vomhundertsatz ist mit der im Kreditgewerbe üblichen Genauigkeit zu berechnen.

(3) In die Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes sind die Gesamtkosten des Kredits für den Kreditnehmer einschließlich etwaiger Vermittlungskosten mit Ausnahme folgender Kosten einzubeziehen:

  1. Kosten, die vom Kreditnehmer bei Nichterfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag zu tragen sind;
  2. Kosten mit Ausnahme des Kaufpreises, die vom Kreditnehmer beim Erwerb von Waren oder Dienstleistungen unabhängig davon zu tragen sind, ob es sich um ein Bar- oder Kreditgeschäft handelt;
  3. Überweisungskosten sowie die Kosten für die Führung eines Kontos, das für die Tilgungszahlung im Rahmen der Rückzahlung des Kredits sowie für die Zahlung von Zinsen und sonstigen Kosten dienen soll, es sei denn, der Kreditnehmer hat hierbei keine angemessene Wahlfreiheit und diese Kosten sind ungewöhnlich hoch; diese Bestimmung gilt jedoch nicht für die Inkassokosten dieser Rückzahlungen oder Zahlungen, unabhängig davon, ob sie in bar oder auf eine andere Weise erhoben werden;
  4. Mitgliedsbeiträge für Vereine oder Gruppen, die sich aus anderen Vereinbarungen als dem Kreditvertrag ergeben, obwohl sie sich auf die Kreditbedingungen auswirken;
  5. Kosten für Versicherungen oder Sicherheiten; es werden jedoch die Kosten einer Versicherung einbezogen, die die Rückzahlung an den Darlehensgeber bei Tod, Invalidität, Krankheit oder Arbeitslosigkeit des Kreditnehmers zum Ziel haben, über einen Betrag, der höchstens dem Gesamtbetrag des Kredits, einschließlich Zinsen und sonstigen Kosten, entspricht, und die der Darlehensgeber zwingend als Bedingung für die Gewährung des Kredits vorschreibt.

(4) Ist eine Änderung des Zinssatzes oder sonstiger in die Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes einzubeziehender Kosten vorbehalten und ist ihre zahlenmäßige Bestimmung im Zeitpunkt der Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes nicht möglich, so wird bei der Berechnung von der Annahme ausgegangen, daß der Zinssatz und die sonstigen Kosten gemessen an der ursprünglichen Höhe fest bleiben und bis zum Ende des Kreditvertrages gelten.

(5) Erforderlichenfalls ist bei der Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes von folgenden Annahmen auszugehen:

  1. Ist keine Darlehensobergrenze vorgesehen, entspricht der Betrag des gewährten Kredits 4.000 Deutsche Mark;
  2. ist kein Zeitplan für die Tilgung festgelegt worden und ergibt sich ein solcher nicht aus den Vertragsbestimmungen oder aus den Zahlungsmodalitäten, so beträgt die Kreditlaufzeit ein Jahr;
  3. vorbehaltlich einer gegenteiligen Bestimmung gilt, wenn mehrere Termine für die Aus- oder Rückzahlung vorgesehen sind, sowohl die Auszahlung als auch die Rückzahlung des Darlehens als zu dem Zeitpunkt erfolgt, der als frühestmöglicher Zeitpunkt vorgesehen ist.

(6) Bei einer vertraglich möglichen Neufestsetzung der Konditionen eines Kredits ist der effektive oder anfängliche effektive Jahreszins anzugeben.

(7) Wird die Gewährung eines Kredits allgemein von einer Mitgliedschaft oder vom Abschluß einer Versicherung abhängig gemacht, so ist dies anzugeben.

(8) Bei Bauspardarlehen ist bei der Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes davon auszugehen, daß im Zeitpunkt der Kreditauszahlung das vertragliche Mindestsparguthaben angespart ist. Von der Abschlußgebühr ist im Zweifel lediglich der Teil zu berücksichtigen, der auf den Darlehensanteil der Bausparvertragssumme entfällt. Bei Krediten, die der Vor- oder Zwischenfinanzierung von Leistungen einer Bausparkasse aus Bausparverträgen dienen und deren preisbestimmende Faktoren bis zur Zuteilung unveränderbar sind, ist als Laufzeit von den Zuteilungsfristen auszugehen, die sich aus der Zielbewertungszahl für Bausparverträge gleicher Art ergeben.

(9) Bei Krediten, die auf einem laufenden Konto zur Verfügung gestellt werden, sind abweichend von Absatz 1 der Zinssatz pro Jahr und die Zinsbelastungsperiode anzugeben, wenn diese nicht kürzer als drei Monate ist und keine weiteren Kreditkosten anfallen.

Dieser Anordnung können wir zunächst einige Merkmale entnehmen, die für alle Methoden der Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes gelten. Es sollen sämtliche Belastungen des Kreditnehmers erfasst werden, die sich auf den Kredit beziehen, d.h. vor allem nicht nur die laufzeitabhängigen Belastungen, sondern auch die Einmalgebühren oder ein eventuelles Disagio. Das kommt in dem Merkmal "ausgehend von den tatsächlichen Zahlungen des Kreditgebers und des Kreditnehmers" zum Ausdruck. Es soll weiterhin eine taggenaue Verrechnung der Leistungen stattfinden. Es müssen mit anderen Worten die genauen Daten der Leistungen festgehalten werden. Die Besonderheit der in § 4 Abs. 2 PreisangabenVO angeordneten Methode lag in zweierlei begründet: zum einen in dem Abstellen auf die "bankübliche Genauigkeit" und zum anderen in der Abrechnung nach dem Tilgungsmodell des § 608 BGB (jetzt § 488 Abs. 2 BGB).

Die bankübliche Genauigkeit führt dazu, dass ein Jahr in zwölf Monate zu je 30 Tagen aufgeteilt wird. Die Abrechnung nach dem Tilgungsmodell des § 488 Abs. 2 BGB (damals § 608 BGB) hat zur Folge, dass ein Jahr lang alle Rückzahlungen in voller Höhe zur Tilgung des Kredits verwendet werden. Auf die sich jeden Monat neu ergebende Nettokreditsumme wird dann der monatlich entstehende Zins berechnet. Am Ende des Jahres werden die im Laufe des Jahres entstandenen Zinsen zusammengefasst und dem Nettokredit zugeschlagen. Damit erhöht sich in diesem Zeitpunkt die zu verzinsende Summe. Die jetzt im folgenden Jahr gezahlten Raten werden aber wieder in voller Höhe von der neu gebildeten Kreditsumme abgezogen.

Den Kreditverlauf macht man sich am besten in einer Tabelle klar, die als gläserner Ratenplan fungiert. Die Tabelle kann man mit einem Tabellenkalkulationsprogramm erstellen. Der interessierte Leser erreicht die Tabelle mit einem Mausclick.

Tilgungsgenaue Verrechnung nach dem Verzugsmodell

Eine konkurrierende Methode kann man die Methode der tilgungsgenauen Verrechnung nennen. Sie unterscheidet sich von der in § 4 Abs. 2 PAngVO angeordneten Methode vor allem durch ein an §§ 271, 367 BGB angelehntes Tilgungsmodell. Danach wird bei jeder Ratenzahlung zunächst der bis dahin entstandene Zins bezahlt und allein ein dann noch übrig bleibender Betrag zur Tilgung des Nettokredits verwendet. So verfährt man nach dem BGB mit allen von Gesetzes wegen zu verzinsenden Forderungen. Den Kreditverlauf macht man sich auch hier am besten in einer Tabelle klar, die als gläserner Ratenplan fungiert. Die Tabelle kann man mit einem Tabellenkalkulationsprogramm erstellen. Der interessierte Leser erreicht die Tabelle mit einem Mausclick.

Die bankübliche Genauigkeit

Die tilgungsgenaue Verrechnung kann für das Jahr mit 12 Monaten à 30 Tagen (bankübliche Genauigkeit) wie für das Jahr mit unterschiedlichen Monatslängen eingesetzt werden. Obwohl im Zeitalter der Computer eine vereinfachte Zinsberechnung mit 12 Monaten à 30 Tagen ein wenig antiquiert anmutet, habe ich von dieser Berechnungsweise aus der Zeit von Bleistift und Papier Gebrauch gemacht, weil das BGB durch die Fristberechnungsvorschriften in den §§ 186 bis 193 (in Sonderheit § 191) diese Berechnungsweise zwar nicht fordert, aber doch legitimiert. Für die Berechnung nach europäischem Muster werden wir uns von der banküblichen Genauigkeit verabschieden müssen.

Berechnung nach europäischem Muster

Europaweit haben wir uns auf eine dritte Methode einzustellen. Seit dem 1. April 1998 ist es durch die Ergänzungsrichtlinie vom 16. Februar 1998 amtlich. Die Mitgliedstaaten müssen binnen zwei Jahren das nationale Recht so anpassen, dass es der Richtlinie entspricht. Was das für den deutschen Gesetzgeber bedeutet, ist allerdings alles andere als klar. Das liegt daran, dass die Richtlinie selbst eine Vielfalt von Berechnungsverfahren gestattet, die durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen bei einem konkreten Kredit führen können. Man braucht dazu nur den Anhang II zu studieren, bei dem für einen und denselben Kredit unter A ein Effektivzinssatz von 13,23% und unter B ein Effektivzinssatz von 13,19% (jeweils Beispiel 4) errechnet wird. In der Abteilung A wird mit dem Jahr gerechnet, wie es ist (unterschiedliche Monatslängen), während in der Abteilung B normierte Jahre (52 Wochen oder 12 gleichlange Monate à 30,41666 Tagen) zugrunde gelegt werden.

Der Richtliniengeber schlägt eine Methode vor, die man die Annuitäten- oder Rentenmethode nennen kann. Ihr liegt in der Gestalt, die sie in der Richtlinie gefunden hat, ein von den bisher vorgestellten Methoden völlig verschiedenes Modell zugrunde. Die Berechnung der Zinslast setzt nämlich nicht an dem sich ständig verändernden Kapitalstand an, sondern bei der jeweils gezahlten Rate. In der Rate ist ein Zinsanteil enthalten, der eine Funktion des Zinssatzes und der Zeit ist, die seit der Auszahlung des Kredits bis zum Zeitpunkt der Zahlung der betreffenden Rate vergangen ist. Die Rate muss abgezinst werden, und der effektive Jahreszinssatz ist der, bei dem die Summe der abgezinsten Raten den Nettokredit ergibt. Die allgemeine Formel lautet dafür:

Hier steht n für die Anzahl der Raten, k für die Zahlung, Ak für den Betrag der jeweiligen Rate, tk für die Zeit (in Jahren), die von der Auszahlung des Nettokredits bis zum Ratenzahlungszeitpunkt verflossen ist, und i für den gesuchten effektiven Jahreszinssatz. Am besten macht man sich das vielleicht so klar, dass danach gefragt wird, welchen Betrag man beim Kreditgeber vom Tage der Auszahlung des Nettokredits an hätte anlegen müssen, um bis zum Tage der Zahlung der Rate bei dem Zinssatz i auf den Betrag der Rate zu kommen. Dieses Modell wirkt nicht nur auf den ersten Blick kontraintuitiv. Es ist ja nicht der Kreditnehmer, der beim Kreditgeber Geld anlegt, sondern gerade umgekehrt wird ein Schuh daraus. Der Kreditgeber gibt dem Kreditnehmer Geld. Setzt man bei dem Geld gebenden Kreditgeber an, so kann man das Modell nur noch dadurch retten, dass man von Anfang an den einen Kredit in so viele Teilkredite zerlegt, wie Rückzahlungen durch den Kreditnehmer erfolgen. Der Kreditnehmer enthält also nicht einen Kredit, den er in 72 Raten zurückzahlt, sondern auf einen Schlag 72 Kredite mit unterschiedlichen Laufzeiten. Man kennt die Summe der Teilkredite. Sie macht den Nettokredit aus. Man kennt auch die Höhe der Rückzahlungen. Die sind im Vertrag und Ratenzahlungsplan festgelegt. Man kennt nur nicht die Höhe des einzelnen Teilkredits. Denn sie ist eine auf die Rate angewandte Funktion der Zeit und des (noch zu ermittelnden) Zinssatzes, wobei zur Zeitbestimmung noch die Unsicherheit der Berechnungsmethode hinzutritt (Berechnung unterjähriger Zeitabschnitte nach Normjahr oder nach effektiven Tagen).

Man sollte überlegen, ob man nicht mit dem vertrauteren Bild des Kredits arbeiten kann, der in Raten zurückgezahlt wird und bei dem jede Rate zur Teiltilgung in Höhe des Betrages führt, der nach Abzug der bis dahin aufgelaufenen Zinsen noch übrig bleibt (tilgungsgenaue Verrechnung nach dem Tilgungsmodell des § 367 Abs. 1 BGB). Man muss dabei den Grundgedanken des europäischen Richtliniengebers wahren: Vergleichbarkeit der Kredite über eine einheitliche Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes zu gewährleisten. Dies wäre ohne weiteres der Fall, wenn in dem einen wie dem anderen Modell haargenau dieselben Zinssätze herauskämen. Das war jedenfalls solange gewährleistet, wie man mit einem Normjahr von 12 gleichlangen Monaten zu 30 Tagen arbeiten konnte. Ob dies auch noch gilt, wenn man mit den neuen Normjahren der Richtlinie arbeitet, habe ich noch nicht durchgerechnet. Es gilt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht, wenn mit den effektiv ins Land gegangenen Tagen gerechnet wird. Aber auch hier stellt sich die Frage, ob die Abweichungen so groß sind, dass sie den Toleranzrahmen der Richtlinie sprengen.

Das vertraute Bild sieht so aus, dass die Berechnung der Zinslast an dem sich durch Tilgungen ständig verändernden Kapitalstand ansetzt. Der Unterschied zur Methode der früheren PreisangabenVO ergibt sich allein aus einer anderen Tilgungsregelung und einer abweichenden Bestimmung für die Bemessung der Zeit. Mit einer Rückzahlung wird entsprechend der Regelung des § 367 Abs. 1 BGB zunächst die aufgelaufene Zinsschuld beglichen und nur der verbleibende Restbetrag zur Tilgung der Haupt- und Kapitalschuld verwandt. Und die Zeit wird jedenfalls nicht nach dem 360-Tage-Modell berechnet. Wörtlich heißt es in der Richtlinie: "Zugrunde gelegt werden für das Jahr 365 Tage oder 365,25 Tage oder (im Falle von Schaltjahren) 366 Tage, 52 Wochen oder 12 gleichlange Monate. Für letztere wird eine Länge von 30,41666 Tagen angenommen." Auch nach dieser Methode ist der effektive Zinssatz der, bei dessen Einsatz die Leistungen des Kreditgebers und des Kreditnehmers mit der letzten Zahlung ausgeglichen sind, bei dem die letzte Zahlung des Kreditnehmers das Kapitalkonto auf Null bringt. Die Zinsschuld wird nach der international üblichen Barwertmethode berechnet. Der Barwert ist der Wert einer Investition, einer Anlage, eines Kapitals K nach einer bestimmten (auf das Jahr bemessenen) Zeit t bei einem bestimmten Zinssatz i.

Die Zinsschuld ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Barwert und dem Kapital.

Den Kreditverlauf macht man sich auch hier am besten in einer Tabelle klar, die als gläserner Ratenplan fungiert. Die Tabelle kann man mit einem Tabellenkalkulationsprogramm erstellen. Der interessierte Leser erreicht die Tabelle mit einem Mausclick.

§ 6 der Preisangabenverordnung vom 28. Juli 2000 in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung

PAngV § 6 Kredite

(1) Bei Krediten sind als Preis die Gesamtkosten als jährlicher Vomhundertsatz des Kredits anzugeben und als "effektiver Jahreszins" oder, wenn eine Änderung des Zinssatzes oder anderer preisbestimmender Faktoren vorbehalten ist (§ 1 Abs. 4), als "anfänglicher effektiver Jahreszins" zu bezeichnen. Zusammen mit dem anfänglichen effektiven Jahreszins ist auch anzugeben, wann preisbestimmende Faktoren geändert werden können und auf welchen Zeitraum Belastungen, die sich aus einer nicht vollständigen Auszahlung des Kreditbetrages oder aus einem Zuschlag zum Kreditbetrag ergeben, zum Zwecke der Preisangabe verrechnet worden sind.

(2) Der anzugebende Vomhundertsatz gemäß Absatz 1 ist mit der im Anhang angegebenen mathematischen Formel und nach den im Anhang zugrunde gelegten Vorgehensweisen zu berechnen. Er beziffert den Zinssatz, mit dem sich der Kredit bei regelmäßigem Kreditverlauf, ausgehend von den tatsächlichen Zahlungen des Kreditgebers und des Kreditnehmers, auf der Grundlage taggenauer Verrechnung aller Leistungen abrechnen lässt. Es gilt die exponentielle Verzinsung auch im unterjährigen Bereich. Bei der Berechnung des anfänglichen effektiven Jahreszinses sind die zum Zeitpunkt des Angebots oder der Werbung geltenden preisbestimmenden Faktoren zugrunde zu legen. Der anzugebende Vomhundertsatz ist mit der im Kreditgewerbe üblichen Genauigkeit zu berechnen.

(3) In die Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes sind die Gesamtkosten des Kredits für den Kreditnehmer einschließlich etwaiger Vermittlungskosten mit Ausnahme folgender Kosten einzubeziehen:

  1. Kosten, die vom Kreditnehmer bei Nichterfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag zu tragen sind;
  2. Kosten mit Ausnahme des Kaufpreises, die vom Kreditnehmer beim Erwerb von Waren oder Dienstleistungen unabhängig davon zu tragen sind, ob es sich um ein Bar- oder Kreditgeschäft handelt;
  3. Überweisungskosten sowie die Kosten für die Führung eines Kontos, das für die Tilgungszahlung im Rahmen der Rückzahlung des Kredits sowie für die Zahlung von Zinsen und sonstigen Kosten dienen soll, es sei denn, der Kreditnehmer hat hierbei keine angemessene Wahlfreiheit und diese Kosten sind ungewöhnlich hoch; diese Bestimmung gilt jedoch nicht für die Inkassokosten dieser Rückzahlungen oder Zahlungen, unabhängig davon, ob sie in bar oder auf eine andere Weise erhoben werden;
  4. Mitgliedsbeiträge für Vereine oder Gruppen, die sich aus anderen Vereinbarungen als dem Kreditvertrag ergeben, obwohl sie sich auf die Kreditbedingungen auswirken;
  5. Kosten für Versicherungen oder Sicherheiten; es werden jedoch die Kosten einer Versicherung einbezogen, die die Rückzahlung an den Darlehensgeber bei Tod, Invalidität, Krankheit oder Arbeitslosigkeit des Kreditnehmers zum Ziel haben, über einen Betrag, der höchstens dem Gesamtbetrag des Kredits, einschließlich Zinsen und sonstigen Kosten, entspricht, und die der Darlehensgeber zwingend als Bedingung für die Gewährung des Kredits vorschreibt.

(4) Ist eine Änderung des Zinssatzes oder sonstiger in die Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes einzubeziehender Kosten vorbehalten und ist ihre zahlenmäßige Bestimmung im Zeitpunkt der Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes nicht möglich, so wird bei der Berechnung von der Annahme ausgegangen, daß der Zinssatz und die sonstigen Kosten gemessen an der ursprünglichen Höhe fest bleiben und bis zum Ende des Kreditvertrages gelten.

(5) Erforderlichenfalls ist bei der Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes von folgenden Annahmen auszugehen:

  1. Ist keine Darlehensobergrenze vorgesehen, entspricht der Betrag des gewährten Kredits 2.000 Euro;
  2. ist kein Zeitplan für die Tilgung festgelegt worden und ergibt sich ein solcher nicht aus den Vertragsbestimmungen oder aus den Zahlungsmodalitäten, so beträgt die Kreditlaufzeit ein Jahr;
  3. vorbehaltlich einer gegenteiligen Bestimmung gilt, wenn mehrere Termine für die Aus- oder Rückzahlung vorgesehen sind, sowohl die Auszahlung als auch die Rückzahlung des Darlehens als zu dem Zeitpunkt erfolgt, der als frühestmöglicher Zeitpunkt vorgesehen ist.

(6) Bei einer vertraglich möglichen Neufestsetzung der Konditionen eines Kredits ist der effektive oder anfängliche effektive Jahreszins anzugeben.

(7) Wird die Gewährung eines Kredits allgemein von einer Mitgliedschaft oder vom Abschluß einer Versicherung abhängig gemacht, so ist dies anzugeben.

(8) Bei Bauspardarlehen ist bei der Berechnung des anzugebenden Vomhundertsatzes davon auszugehen, daß im Zeitpunkt der Kreditauszahlung das vertragliche Mindestsparguthaben angespart ist. Von der Abschlußgebühr ist im Zweifel lediglich der Teil zu berücksichtigen, der auf den Darlehensanteil der Bausparvertragssumme entfällt. Bei Krediten, die der Vor- oder Zwischenfinanzierung von Leistungen einer Bausparkasse aus Bausparverträgen dienen und deren preisbestimmende Faktoren bis zur Zuteilung unveränderbar sind, ist als Laufzeit von den Zuteilungsfristen auszugehen, die sich aus der Zielbewertungszahl für Bausparverträge gleicher Art ergeben.

(9) Bei Krediten, die auf einem laufenden Konto zur Verfügung gestellt werden, sind abweichend von Absatz 1 der Zinssatz pro Jahr und die Zinsbelastungsperiode anzugeben, wenn diese nicht kürzer als drei Monate ist und keine weiteren Kreditkosten anfallen.

In Absatz 2 finden wir die Umsetzung der EG-Richtlinie durch den deutschen Verordnungsgeber. Es wird auf eine Formel und auf Berechnungsbeispiele im Anhang Bezug genommen. Den Gesamttext der Preisangabenverordnung mit Anhang finden Sie hier. Der Verordnungsgeber hat den Anhang der Richtlinie weitgehend abgeschrieben und die Beispiele um zwei kompliziertere Beispiele ergänzt. Außerdem hat er eine Rechengenauigkeit auf zwei Stellen hinter dem Komma vorgegeben und sich für die Bestimmung der Zeiträume auf Jahre zu 12 gleich langen Monaten, 52 Wochen und 365 Tagen festgelegt.

Bewertung der unterschiedlichen Methoden

Es ist hier nicht der Ort, über die Richtigkeit der einen oder anderen Methode zu rechten. International sind die Weichen zur Annuitäten- und Rentenmethode gestellt. Vom deutschen Unikat der 360-Tage-Methode haben wir uns verabschieden müssen. Ein geeignetes Modell für eine einheitliche Behandlung der vielen mit dem Zins zusammenhängenden Rechtsfragen (Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes, Rückrechnung vorzeitig abgelöster Kredite, Anpassung von Krediten an neue Konditionen, bereicherungsrechtliche Rückabwicklung überzahlter Zinsen bei nichtigen Kreditverträgen) hat uns weder die Richtlinie noch ihre Umsetzung in deutsches Recht beschert. Das Gerechtigkeitsgebot, zu Zinsen nur und insoweit herangezogen zu werden, wie man die Kreditleistung des anderen in Anspruch nimmt, verletzt keine der vorgestellten Methoden. Die Entscheidung für eine der Methoden ist daher ein eher technisches Problem, zu dem unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten nur so viel gesagt werden kann, dass die Entscheidung einheitlich für alle Kredite ausfallen sollte. Unterhalb der Gerechtigkeitsebene mag man noch anführen, dass die 360-Tage-Methode wie auch die Annuitäten- und Rentenmethode einen Zinseszinseffekt aufweisen. 

Für die rechtliche Bewertung des konkreten Kreditfalles spielen die unterschiedlichen Methoden keine Rolle. Zur Zeit der Kreditaufnahme betrug der marktübliche effektive Jahreszins für derartige Kredite 7,95%. Die eklatante Überschreitung des Marktzinses durch den Vertragszins machte das Kreditverhältnis sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Die Folgen des Sittenwidrigkeitsverdikts sind nach der herrschenden Meinung im Bereicherungsrecht zu suchen. Daran soll auch das Verbraucherkreditgesetz nichts ändern, obwohl es für die Nichtigkeit wegen Formverstoßes andere - und in meinen Augen wenigstens im Grundsatz angemessenere - Rechtsfolgen anordnet.

Rechtsfolgen sittenwidriger (wucherischer oder wucherähnlicher) Kreditverträge

Die Rechtsfolgen sittenwidriger Kreditverträge werden im Bereicherungsrecht gesucht. Dabei hat sich in der Praxis der Rechtsprechung ein Sonderrecht der wucherischen oder wucherähnlichen Kreditverträge herausgebildet, das man durch die folgenden Leitsätze umschreiben kann:

bulletDer Kreditgeber hat einen Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals, des Nettokredits, im Rahmen des vereinbarten Abwicklungsplans. Er muss mit anderen Worten dem Kreditnehmer das Kapital bis zu den vertraglich vereinbarten Fälligkeitszeiten belassen. Der Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals wird aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hergeleitet. Er ist nicht durch § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen. § 817 Satz 2 BGB schließt allein den Anspruch auf vorzeitige Rückzahlung des Kapitals aus.
bulletDer Kreditnehmer braucht keinerlei Zinsen für die Nutzung des ihm zur Verfügung gestellten Kapitals zu entrichten. Auch marktübliche Zinsen werden nicht nach § 818 Abs. 1 und Abs. 2 BGB geschuldet.
bulletGezahlte Zinsen kann der Kreditnehmer zurückfordern.
bulletDer Rückforderungsanspruch erfasst bei Ratenkrediten den in der jeweiligen Rate enthaltenen Zinsanteil. Der Zinsanteil berechnet sich nach einer gleich bleibenden Quote aus dem Verhältnis des Nettokreditbetrages zu den Gesamtkosten des Kredits.

Ob man dieses Regelwerk (und seine Begründungen) gutheißen kann, ist durchaus umstritten. Die Kritik richtet sich insbesondere gegen die Zinslosigkeit des Kredits.

Seitenanfang (2184 Byte)

© Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann. 
Bei Fragen und Unklarheiten wenden sich meine Studenten bitte an:
Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann.
Eulerechtsklein.gif (984 Byte)