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Fälle zu den Rechtsfolgen fehlender oder fehlerhafter Effektivzinsangaben

Mit den Rechtsfolgen fehlender oder fehlerhafter Effektivzinsangaben nach dem Verbraucherkreditrecht habe ich mich in einem Beitrag zur Festschrift für Günther Jahr befasst (Ungereimtes bei den Rechtsfolgen fehlender und falscher Effektivzinsangaben nach dem Verbraucherkreditgesetz, in: Festschrift für Günther Jahr, 1993, S. 367 bis 400). Ich nutze meine dortigen Ausführungen als Steinbruch für Diskussion und Lösung der in der Vorlesung vorgestellten Beispielsfälle. Dabei orientiere ich mich nicht mehr am Verbraucherkreditgesetz, sondern an den seit dem 1.1.2002 geltenden Regelungen des Verbraucherkreditrechts im BGB. Die Rechtsfolgen fehlender oder fehlerhafter Effektivzinsangaben sind auch jetzt noch ungereimt.

Die Beispielsfälle kreisen um einen Kredit, der als Geldkredit zu diesen Konditionen von einem Saarbrücker Bankinstitut angeboten worden ist.

Nettokredit 10.000,00
Zinsen (mon. 0,55 %) 1.980,00
Gebühren (2 %) 200,00
Kreditkosten 2.180,00
Kreditbetrag 12.180,00
Monatliche Raten 339,00
1. Rate am 1.12.2002 315,00
36. Rate am 1.11.2005 339,00
Effektiver Jahreszins 14,20%

In der ersten Variante sieht sich ein Richter mit dem Begehren konfrontiert, festzustellen, dass keine Raten in der angegebenen Höhe geschuldet werden, weil der effektive Jahreszinssatz zu niedrig angegeben sei. In Wirklichkeit betrage er 18%.

Hier muss der Richter, ob er will oder nicht, sich mit dem Konzept des effektiven Jahreszinses und seiner korrekten Berechnung auseinander setzen. § 494 Abs. 3 BGB zwingt ihn dazu. Wenn er den effektiven Jahreszinssatz nicht selbst berechnen kann, muss er sich zur Berechnung der Hilfe eines Sachverständigen bedienen. Wir wissen inzwischen, dass es mit einer Tabellenkalkulation und einem Makro kinderleicht ist, den effektiven Jahreszinssatz beliebiger Ratenkredite zu berechnen. Testen wir die Sache mit dem Aufruf von EXCEL und einem vorbereiteten Tabellenblatt!

EXCEL: ANPASS.XLS

Wir tragen, falls das noch nicht geschehen sein sollte, in den gelb unterlegten Bereich die Daten unseres Kredits ein und lösen die Berechnung mit dem Schalter BERECHNEN aus. Notwendig sind Eintragungen zum Kredit (10000), zum Tag der Auszahlung (1-11-02), zur ersten Rate: Höhe (315) und Datum (1-12-02), zu Raten: Höhe (339), Datum (1-1-03) und Anzahl (34), zur letzten Rate: Höhe (339). Die weiteren Werte: Datum der letzten Rate und Bruttokredit werden errechnet und brauchen nicht von Hand eingetragen zu werden. Für die Berechnung muss der Anpassungsfaktor auf 1 gesetzt werden. Jetzt kann es losgehen.

Der nach der PreisangabenVO 2000 berechnete effektive Jahreszinssatz beträgt 14,10%. Der errechnete effektive Jahreszins ist niedriger als der von der Bank angegebene Zinssatz. An eine Abweichung der Angabe nach oben knüpft das Gesetz keine Rechtsfolgen. Die Klage ist abzuweisen.

So einfach kann das Lösen von Fällen sein, wenn man nur über die richtigen Instrumente verfügt.

Schwieriger wird die Sache, wenn der effektive Jahreszinssatz zu niedrig oder gar nicht angegeben ist. Das kann bei einem Geldkredit wie bei einem Sachkredit der Fall sein. Wir orientieren uns an dem schon geschilderten Kredit und differenzieren zwei Fälle. In dem einem Fall wird ein Geldkredit zum Erwerb einer Stereoanlage aufgenommen, in dem anderen die Stereoanlage auf Raten gekauft.

Die Konditionen für den Geldkredit stimmen mit denen überein, die wir gerade angesprochen haben. Die Konditionen des Ratenzahlungskaufs lauten:

Barzahlungspreis 10.000
Teilzahlungspreis 12.180
Monatliche Raten 339
1. Rate am 1.12.2002 315
36. Rate am 1.11.2005 339

Beide Fälle werden so variiert, dass einmal kein effektiver Jahreszinssatz und zum anderen ein effektiver Jahreszinssatz von 12% angegeben ist.

Die gesetzliche Regelung im ersten Zugriff

Das Fehlen der Angabe des effektiven Jahreszinssatzes in einem Verbraucherkreditvertrag, sei es in einem Kreditvertrag über Geldleistungen, sei es in einem Kreditvertrag über sonstige Leistungen, führt zur Nichtigkeit des Vertrages (§§ 494 Abs. 1 und 502 Abs. 3 Satz 1 BGB). Werden die Kreditleistungen jedoch in Anspruch genommen, so wird der nichtige Vertrag gültig - allerdings nicht zu den ursprünglich ausbedungenen Gegenleistungen, sondern zu Gegenleistungen, für deren Bemessung der gesetzliche Zinssatz  eine Rolle spielt. Dies ist für den Geldkredit in § 494 Abs. 2 und für den Sachkredit in § 502 Abs. 3 Satz 2 BGB geregelt.

Eine falsche Effektivzinsangabe ist folgenlos, solange der effektive Jahreszinssatz zu hoch angegeben ist. Die Angabe eines zu niedrigen effektiven Jahreszinssatzes hat Folgen. Sie führt allerdings nicht zur Nichtigkeit des Kreditvertrages, sondern zur Minderung der Gegenleistung „um den Vomhundertsatz, um den der effektive Jahreszins ... zu niedrig angegeben ist" (§§ 494 Abs. 3, 502 Abs. 3 Satz 6 BGB). Dabei ist der Ansatzpunkt für die Minderung beim Geldkredit „der dem Kreditvertrag zugrunde gelegte Zinssatz" und beim Sachkredit der Teilzahlungspreis. Über die Notwendigkeit einer Ratenanpassung schweigt § 502 Abs. 3 Satz 6 BGB sich aus.

Im Folgenden wollen wir versuchen, den Regelungsgehalt der in den genannten Vorschriften getroffenen Anordnungen zu erfassen. Der Versuch führt bei der Feststellung des vom Gesetzgeber Gesagten zu Unklarheiten und Offenheiten, bei der Feststellung des vom Gesetzgeber Gewollten zu rechtspolitisch Fragwürdigem, zu Ungereimtheiten und zu Wertungsinkonsistenzen. Die Fragen lauten alsdann: Welche Lösungen können dem Rechtsanwender de lege lata empfohlen werden? Welche Lösungsmöglichkeiten bleiben dem Spruch des Gesetzgebers de lege ferenda vorbehalten? Mit diesen Fragen sprechen wir ein Kernproblem der juristischen Methoden- und Begründungslehre an.

Wir beginnen mit den Folgen der fehlenden Angabe.

Fehlende Angabe des effektiven Jahreszinssatzes

Fehlt die Angabe des effektiven Jahreszinssatzes bei einem Geldkredit, so ordnet, wenn der Kredit in Anspruch genommen wird, § 494 Abs. 2 BGB zweierlei an: Der „dem Kreditvertrag zugrunde gelegte Zinssatz (§ 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4)" ermäßigt sich auf den gesetzlichen Zinssatz. Die vereinbarten Teilzahlungen sind neu zu berechnen. Fehlt die Angabe des effektiven Jahreszinssatzes bei einem Teilzahlungsgeschäft, so ordnet, wenn die Leistung erbracht wird, § 502 Abs. 3 Satz 3 BGB nur eines an: Der Barzahlungspreis ist mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen. Von einer Neuberechnung der vereinbarten Teilzahlungen ist nicht die Rede.

Das vom Gesetzgeber Gesagte

Suchen wir das vom Gesetzgeber Gesagte festzuhalten, stehen wir auf sicherem Grund nur mit Blick auf die Neuberechnungsanordnung für die vereinbarten Teilzahlungen eines Geldkredits und das Fehlen einer Neuberechnungsanordnung für die vereinbarten Teilzahlungen eines Sachkredits. Wir wähnen uns womöglich noch sicher mit Blick auf die Verzinsung des Barzahlungspreises zum gesetzlichen Zinssatz. Wer wüsste nicht, was es heißt, eine Forderung zu verzinsen? Doch könnten wir uns hier schon täuschen. Ist etwa der gesamte (nominelle) Barzahlungspreis während der in Aussicht genommenen Kreditzeit mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen, oder gilt die Verzinsungspflicht nur für den noch nicht zurück gezahlten Teil des Barzahlungspreises?

Schwierigkeiten macht uns der Normtext auch bei der Ermittlung dessen, was „der dem Kreditvertrag zugrunde gelegte Zinssatz" sei. Ist es der dem Vertrag (verdeckt, aber tatsächlich) zugrunde liegende effektive Jahreszinssatz, oder ist es ein Zinssatz, den der Kreditgeber den Berechnungen im Kreditvertrag (offen, aber irreführend) zugrunde legt? Der isolierte Text des § 494 Abs. 2 Satz 2 BGB ist trotz der ausdrücklichen Verweisung auf § 492 Abs. 1 Satz 5 Nr. 4 BGB für beide Lösungen offen. Erst die sich aus der Gegenüberstellung von Nr. 4 und Nr. 5 in § 492 Abs. 1 Satz 5 BGB ergebende Differenzierung zwischen dem Zinssatz und dem effektiven Jahreszins enthält einen Fingerzeig dahin, dass nicht der effektive Jahreszins, sondern ein anderer Zinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz ermäßigt werden soll. Ein weiteres Indiz für diese Auffassung kann man darin sehen, dass der Gesetzgeber die Anordnung der Ermäßigung des effektiven Jahreszinses auf den gesetzlichen Zinssatz viel einfacher hätte ausdrücken können. Schließlich wissen wir, dass in die Ermittlung des effektiven Jahreszinses die mithilfe des dem Vertrag zugrunde gelegten Zinssatzes errechneten Zinsen (Kreditgebühren) und die weiteren Kosten wie etwa Vermittlungsgebühren und Bearbeitungsgebühren eingehen. Die Bezugnahme auf eine Teilkomponente des effektiven Jahreszinses kann deshalb schlecht eine Bezugnahme auf den effektiven Jahreszins sein, zumal für das Fehlen der Angaben zum dem Vertrage zugrunde gelegten Zinssatz und zu sonstigen Komponenten des effektiven Jahreszinssatzes in § 494 Abs. 2 BGB unterschiedliche Rechtsfolgen angeordnet werden. Die Sprachanalyse deutet deshalb auf den vom Kreditgeber angegebenen Zinssatz (Nominalzinssatz). Viel weiter kommen wir damit aber noch nicht.

Nach dem Gesagten soll der dem Vertrag zugrunde gelegte Zinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz beschränkt werden. Fragen wir danach, wie das geschehen soll, lässt uns die Sprachanalyse im Stich, weil sie uns keine Auskunft darüber gibt, ob mit dem auf den gesetzlichen Zinssatz beschränkten Nominalzinssatz so weiter gerechnet werden soll, wie der Kreditgeber das mit einem von ihm genannten Nominalzins über die gesamte Nettokreditsumme ohne Berücksichtigung von Tilgungsleistungen tut, oder ob der gesetzliche Zinssatz als effektiver Jahreszinssatz in die Formel der PreisangabenVO Eingang finden soll mit der Folge, dass Raten nur in der Höhe geschuldet werden, dass die Summe aller abgezinsten Raten den Nettokreditbetrag ergibt. Mit sprachlichen Erwägungen erweist sich weder die erste Möglichkeit als geboten noch die zweite Möglichkeit als verboten und umgekehrt.

Das vom Gesetzgeber für den Geldkredit Gewollte

Gewollt hat der Gesetzgeber wohl die erste Möglichkeit (dann bedurfte es auch keiner Entscheidung über das Tilgungsmodell). Zwar finden wir dazu keine eindeutigen Belege in den offiziellen Gesetzesmaterialien. Im Gegenteil: Die wenigen Bemerkungen in der amtlichen Begründung des in diesem Bereich unverändert gebliebenen Regierungsentwurfs sprechen für die Absicht des Gesetzesinitiators, eine Verzinsung zum gesetzlichen Zinssatz anzuordnen und damit eben nicht den gesetzlichen Zinssatz zu einer bloß fiktiven Rechengröße zu machen. Nachdem die Lösungen 'Abwicklung des nichtigen Kreditvertrages nach Bereicherungsrecht (sofortige Rückzahlung des Kapitals)' und 'zinslose Belassung des Kapitals' verworfen werden, heißt es in der amtlichen Begründung: "Die angestrebte Regelung stellt einen angemessenen Kompromiss dar. Sie belässt dem Verbraucher das Kapital für die vereinbarte Laufzeit ... . Der Kreditgeber, der es in der Hand hat, die Einhaltung der Formvorschrift und Mindestangabepflicht zu beachten, wird demgegenüber mit Sanktionen belastet, die sich an dem Schutzzweck der jeweiligen Pflicht orientieren. Soweit Kredite mit einer Verzinsung durch den gesetzlichen Zinssatz vergeben sind, bleibt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Angabe des Nominalzinses oder des Effektivzinses nach Darlehensauszahlung grundsätzlich ohne Rechtsfolgen." So haben anscheinend auch die Experten die Regelung verstanden, die der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages um eine Stellungnahme und zu einer öffentlichen Anhörung mit u.a. der Frage (16) geladen hatte: "Reichen die Rechtsfolgen von Formmängeln bei Kreditverträgen ... aus?" Umstritten war unter den Experten, ob überhaupt eine Verzinsung und, wenn ja, zu welchem Zinssatz eine Verzinsung vorgenommen werden sollte. Man ging aber wie selbstverständlich davon aus, dass es, bei welchem Zinssatz auch immer, um eine Effektivverzinsung gehen müsse. Doch deutet die Kommentierung dessen, der in der Ministerialbürokratie mit der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie in ein Verbraucherkreditgesetz betraut war, in die andere Richtung. Und dabei handelt es sich gerade um die Person, aus deren Feder die amtliche Begründung stammen dürfte. Bei Seibert,  Handbuch zum Verbraucherkreditgesetz, 1991 (§ 6 Rdnr. 6) können wir lesen: "Der dem Vertrag zugrunde gelegte Zinssatz ist der gem. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 d zu benennende Nominalzins. Diese Bezugnahme soll die Anwendung der Vorschrift erleichtern. Bei Ratenkrediten ist dieser Zinssatz ohnehin niedrig, da er auf einen fiktiven Anfangskapitalbestand (ohne Berücksichtigung der während des Jahres laufenden Tilgungen) berechnet wird. Bei Ratenkrediten wirkt sich folglich die Absenkung auf den gesetzlichen Zinssatz erheblich weniger stark aus als bei Nichtratenkrediten, was eine unerfreuliche Unstimmigkeit ist."

Wenn die ausgelegten Kredite effektiv zum gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen wären, könnte es zu der beklagten Unstimmigkeit nicht kommen. Folglich hat der "Vater des Gesetzes" entweder falsch gedacht oder aber die Verzinsung zum gesetzlichen Zinssatz als Nominalzinssatz in Fortführung der Berechnung ohne Tilgungsleistungen angestrebt. Die "unerfreuliche Unstimmigkeit" wäre, entspräche sie dem gesetzlich Angeordneten, eine rechtspolitische Fehlleistung ersten Ranges und eine Täuschung des rechtsuchenden Bürgers zugleich. Ihm wird im Normtext suggeriert, dass sich seine Zinsbelastung für den in Anspruch genommenen Kredit auf den gesetzlichen Zinssatz beschränke. In Wirklichkeit würde das nach dem vom Gesetzgeber Gewollten vielleicht für den Sachkredit stimmen, nicht aber für den Geldkredit. Beim Geldkredit gäbe man der Verbraucherirreführung durch die Geldinstitute Raum, die mit der Angabe von nominellen Monatszinssätzen zu Milchmädchenrechnungen (0,5% Monatszins macht (12 mal 0,5 gleich) 6% Jahreszins) verführen und dafür schließlich noch belohnt würden, indem die Rückführung auf den gesetzlichen Zinssatz just diese fiktiven Monatszinssätze zum Ausgangspunkt nähme.

Das vom Gesetzgeber für den Sachkredit Gewollte

Bevor wir uns die Folgen des nach Seibert vom Gesetzgeber für den Geldkredit Gewollten genauer ansehen, wollen wir nach dem fragen, was er für den Sachkredit gewollt hat. Die Gesetzesmaterialien geben uns auch hier keine Klarheit. In der Kommentierung des "Vaters des Gesetzes" wird lediglich der Gesetzestext wiederholt. Greifen wir auf die Vorgängerregelung des Abzahlungsgesetzes zurück, stoßen wir auf eine Beschränkung der Gegenleistung des Kreditnehmers auf den Barzahlungspreis (§ 1a Abs. 3 Satz 2 AbzG). Er war nicht zu verzinsen. Die Raten waren auf Verlangen des Käufers auf den zinslos geschuldeten Barzahlungspreis anzupassen. Auch nach dem Verbraucherkreditgesetz ist der Barzahlungspreis geschuldet, wenn dies auch nicht ausdrücklich gesagt, sondern als selbstverständlich unterstellt wird. Er ist allerdings nicht mehr zinslos geschuldet, sondern mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen. Für von Gesetzes wegen zu verzinsende Schulden gilt der Grundsatz der Effektivverzinsung. Das heißt, dass Zinsen nur für noch ausstehende, nicht aber für schon getilgte Schulden geschuldet werden. Für von Gesetzes wegen zu verzinsende Schulden gilt überdies der Grundsatz der Effektivverzinsung. Das heißt, dass Zinsen nur noch für ausstehende, nicht aber für schon getilgte Schulden geschuldet werden.

Offen bleibt nach dem Kriterium des Gewollten noch die Frage der Ratenhöhe. Werden die Raten in der ursprünglich vereinbarten Höhe (mit der Folge der vorzeitigen Tilgung des Kredits) oder werden sie in einer der neuen Zinssituation angepassten Höhe geschuldet?

Die Folgen des vom Gesetzgeber Gewollten

Vergegenwärtigen wir uns die Folgen unserer bisherigen Rekonstruktionsbemühungen um den Inhalt der vom Kreditnehmer im Falle des Fehlens der Angabe des effektiven Jahreszinssatzes geschuldeten Gegenleistung in Zahlen, so ergibt sich Folgendes.

Der Sachkredit

Beim Sachkredit ist der jeweils noch ausstehende Betrag vom Barzahlungspreis mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen. Dabei variiert das Bild nach der Höhe der Raten.

Werden die Raten in der ursprünglichen Höhe zu den ursprünglich vorgesehenen Terminen gezahlt, dann wird der Kredit gegenüber dem ursprünglichen Zeitplan vorzeitig zurückgeführt. Will man sich im ursprünglichen Zeitplan halten, müssen die Raten in der Höhe verändert werden. Die für diesen Fall geltende Kreditentwicklung bei einem Zinssatz von 4% lässt sich in der Tabellenkalkulation leicht nachvollziehen, wenn man in das vorbereitete Kalkulationsblatt zur Anpassung die Kreditdaten einträgt, die Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes durch den Schalter BERECHNEN auslöst, alsdann in die Zelle zur Angabe 4% einträgt und den Schalter zur Anpassung betätigt. Das System berechnet jetzt den Anpassungsfaktor für alle Raten, mit dem unter Beibehaltung der Laufzeit und der Fälligkeiten Ratenhöhen herauskommen, die genau einer Effektivverzinsung von 4% entsprechen.

Aus der ersten Rate von 315,00 wird eine Rate von 274,61, und aus der Normalrate von 339,00 wird eine Rate von 295,54. Insgesamt entstehen Kreditkosten in Höhe von 618,40 statt 2.180,00.

Der Geldkredit

Beim Geldkredit sieht die Sache so aus: Es soll der Nominalzins auf den gesetzlichen Zinssatz reduziert werden. Der Nominalzins ist in unserem Beispiel ein Monatszins von 0,55%. Macht man den gesetzlichen Zinssatz von 4% per anno zum nominellen Monatszins, muss an die Stelle von 0,55% der durch 12 geteilte gesetzliche Jahreszinssatz treten. Das ergibt einen nominellen Monatszinssatz von 0,3333. Errechnet man mit ihm die Kreditgebühren in der Art, wie das das Kreditinstitut mit dem von ihm angegebenen Monatszinssatz tut, so macht das [10.000,00 (Nettokredit) mal 0,3333% (Monatszinssatz) mal 36 (Monate Laufzeit) gleich] 1.200,00 Kreditgebühren. Es kommt die Bearbeitungsgebühr von 200,00 hinzu. Die auf die Laufzeit angepasste Ratenhöhe beträgt für die erste Rate 294,85 und für alle anderen Raten 317,29. Das macht einen effektiven Jahreszinssatz von 9,05%, wie man mit dem noch aufgeschlagenen Tabellenblatt leicht berechnen kann, wenn man die neuen Raten einträgt und den Anpassungsfaktor auf 1 stellt.

Der Geldkreditnehmer muss den Nettokredit mit 9,05% und der Sachkreditnehmer den Barzahlungspreis mit 4% verzinsen. Absolut entrichtet der Geldkreditnehmer 1.200,00 Kreditgebühren plus 200,00 Bearbeitungsgebühr und der Sachkreditnehmer 618,40 Zinsen. Diese Diskrepanz spricht jeglichem Gerechtigkeitsempfinden Hohn. Sie lässt sich nicht mit Vereinfachungserwägungen rechtfertigen. Einfachheitserwägungen dienen allerdings dem „Vater des Gesetzes" immer wieder zum Überspielen von Ungleichbehandlungen, vgl. Seibert, § 6 Rdnrn. 6 und 12.

Die Angleichung der Regelung für den Geld- und Sachkredit

Der, träfe die Annahme Seiberts zu, eklatante Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ließe sich auf zweierlei Weise beheben. Man könnte die Regelung für den Sachkredit der Regelung für den Geldkredit anpassen, und man könnte umgekehrt die Regelung für den Geldkredit der Regelung für den Sachkredit anpassen. Für die Anpassung der Sachkreditregelung an die Geldkreditregelung müsste man die in § 502 Abs. 3 Satz 3 BGB getroffene Anordnung so verstehen, dass über die gesamte Laufzeit der Barzahlungspreis in seiner nominellen Höhe mit dem gesetzlichen Zinssatz verzinst wird. Für die Anpassung der Geldkreditregelung an die Sachkreditregelung müsste man mit dem nominellen Zinssatz von monatlich 0,3333% nicht den über die Laufzeit als gleich bleibend fingierten Nettokredit, sondern den sich Monat für Monat um den Tilgungsanteil verringernden Kredit verzinsen. Der Nominalzins würde alsdann - von anderen Kostenbestandteilen des Kredits einmal abgesehen - zum Effektivzins.

Für eine Anpassung der Sachkreditregelung an die Geldkreditregelung spricht die einfachere, weil mit Kopf, Bleistift und einem normalen Taschenrechner zu bewältigende, Berechnung der vom Kreditnehmer geschuldeten Leistung. Für eine Anpassung der Geldkreditregelung an die Sachkreditregelung spricht der höhere Gerechtigkeitsgehalt der Sachkreditregelung. Hier wird im Einklang mit einem bereichsspezifischen Gerechtigkeitsgebot nur das zum gesetzlichen Zinssatz verzinst, was als zu verzinsende Forderung noch aussteht.

Das Einfachheitsargument ist schwach, weil erstens das Gesetz dem Rechtsanwender ohnehin Aufgaben stellt, die er nicht mehr mit Kopf, Bleistift und einfachem Taschenrechner bewältigen kann, und zweitens die Kompliziertheit sich zu einem großen Teil dem Versteckspiel der Geldkreditgeber bei den Kosten des Kredits verdankt, das der Gesetzgeber eher unterbinden als fördern sollte. Die Aufspaltung der Gegenleistung des Kreditnehmers in die verschiedensten Bestandteile (Kreditgebühren, Vermittlungskosten, Bearbeitungskosten) ist nicht etwa dem Transparenzgebot geschuldet, sondern hält mit dem Monatszinssatz als fiktiver Rechengröße den Nominalzinssatz künstlich niedrig. Darin liegt ein beträchtliches Täuschungspotential, das mit der Pflicht zur Angabe des effektiven Jahreszinssatzes, in den alle Kostenbestandteile eingehen, beschnitten, aber nicht ausgeschlossen wird. Dem Transparenzgebot wäre vollkommen genügt, wenn der Nettokredit (Barzahlungspreis), der Ratenplan mit dem insgesamt zu zahlenden Betrag (Teilzahlungspreis) und der effektive Jahreszinssatz (am besten nach der Methode der tilgungsgenauen Verrechnung) angegeben würden, wie das beim Sachkredit mit Ausnahme der Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes nach der Methode der tilgungsgenauen Verrechnung ja auch der Fall ist. Die zum gesetzlichen Gebot erhobene Angabe des (Nominal-)Zinssatzes und der übrigen Kostenbestandteile erhöht die Transparenz für den an einer Einschätzung der Belastung interessierten Kreditnehmer nicht; im Gegenteil: Sie mag ihn in die Irre führen.

Doch ist dieses Gebot nun einmal Gesetz, und man könnte sich durchaus mit ihm arrangieren, wenn nicht zu allem Unglück der Gesetzgeber an die Verletzung des Gebots unterschiedliche Rechtsfolgen geknüpft hätte: Die Ermäßigung des Nominalzinssatzes auf den gesetzlichen Zinssatz, wenn der Nominalzinssatz oder der Effektivzinssatz nicht angegeben sind, und das Nichtgeschuldetsein nicht angegebener Kosten. Das eröffnet bei unveränderten Gesamtkosten eine Verteilung (Verschiebung) der Kosten auf unterschiedlich benannte Posten (von nur Kreditgebühren auf Kreditgebühren, Bearbeitungskosten und Vermittlungskosten), bei der die Be- und Verrechnung der Raten problematisch wird.

Der Ratenzahlungsplan sieht, wenn wir versuchen, den Wertungswiderspruch in den Regelungen des Geldkredits und des Sachkredits durch Anpassung der Regelung des Geldkredits an die Regelung des Sachkredits auszumerzen, abstrakt gesprochen so aus, dass dem Kreditgeber die Bearbeitungsgebühr erhalten bleibt (Reifner hat insoweit völlig zu Recht in seiner Stellungnahme für den Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages von einer Privilegierung der Einmalgebühren gesprochen, Protokoll, S. 242.) und im Übrigen der Nettokredit mit dem gesetzlichen Zinssatz in dem Sinne effektiv verzinst wird, dass Zinsen nur für den jeweils noch ausstehenden Kreditbetrag bezahlt werden. Unklar sind dabei noch die Verrechnungsmodalitäten für die Bearbeitungsgebühr. Man kann daran denken, sie vorab vor den Zinsen und dem Kapital zu tilgen. Man kann sie aber auch zu gleichen Teilen auf die Raten aufteilen. Da Bearbeitungen, wenn auch in unterschiedlichem Maße, während der gesamten Laufzeit anfallen, legen wir das Aufteilungsmodell zugrunde.

Im Aufteilungsmodell kommt zu jeder Rate ein Sechsunddreißigstel der Bearbeitungsgebühr von 200,00 (5,56) hinzu, so dass die erste Rate mit 280,17 und die weiteren mit 301,10 bemessen sind.  

Darin liegt immer noch eine an der Ratenhöhe ablesbare Diskrepanz zur Abwicklung des Sachkredits. Sie ist der Tatsache geschuldet, dass der Gesetzgeber beim Geldkredit Zinsen und übrige Kostenbestandteile unterschiedlich behandelt. Über diese rechtspolitische Fehlleistung kann sich der Rechtsanwender nicht einfach hinwegsetzen. Sie führt auch nicht zu einer Verletzung des Gleichbehandlungsgebots und damit zur Verfassungswidrigkeit der getroffenen Regelung.

Man mag sich zwar fragen, warum der Gesetzgeber beim Geldkredit eine unterschiedliche Behandlung der Nichtangaben von Nominalzinssatz sowie Effektivzinssatz einerseits und von Kosten andererseits angeordnet hat, beim Sachkredit hingegen nicht. Die Antwort ist der Gesetzgeber schuldig geblieben. Er wollte wohl beim Geldkredit differenziert reagieren und hat die dadurch bedingte Ungleichbehandlung des Sachkredits übersehen. Die Ungleichbehandlung ist aber nicht rechtsverbindlich festgeschrieben. Tatsächlich wirkt sie sich nur dadurch aus, dass es bei Sachkrediten unüblich ist, Einmalgebühren und laufende Gebühren getrennt auszuweisen. Es ist indessen keineswegs verboten, eine solche getrennte Ausweisung vorzunehmen. Käme nun ein Sachkreditgeber auf die Idee, die Kosten des Kredits in dieser Weise anzugeben, so müsste man sich bei dem Fehlen der Effektivzinsangabe fragen, ob nur der Barzahlungspreis mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen ist oder ob daneben auch die getrennt ausgewiesene Bearbeitungsgebühr entrichtet werden muss. Der Gesetzgeber hat diesen Fall in § 502 Abs. 3 BGB nicht geregelt, weil er an ihn offensichtlich nicht gedacht hat. Dort, wo er ihn bedacht hat, in § 494 Abs. 2 Satz 3 BGB nämlich, hat er für die Entrichtung der Bearbeitungsgebühr votiert. Das mag man rechtspolitisch missbilligen. Für den gesetzesgebundenen Rechtsanwender ist die Anordnung dennoch verbindlich und in die Regelung qua Analogie zu inkorporieren, in der der Fall der getrennten Ausweisung von Einmalgebühren nicht bedacht worden ist. Das Gleichbehandlungsgebot führt nicht zur Verwerfung der Differenzierung in § 494 Abs. 2 Satz 3 BGB, sondern zur Übernahme der Differenzierung in § 502 Abs. 3 BGB.

Resümee für das Fehlen der Angabe zum effektiven Jahreszinssatz

Festzuhalten bleibt, dass eine Anpassung der Regelung des Geldkredits an die Regelung des Sachkredits nicht an Berechnungsschwierigkeiten scheitert und dass sie in der Sache umso eher gelingt, je weniger Kostenbestandteile neben den Kreditgebühren (Zinsen) beim Geldkredit ausgewiesen sind. Will man - noch im Rahmen der Auslegung - Gleiches gleich behandeln und zudem einem Gerechtigkeitsgebot des Zinsrechts Rechnung tragen, so sollte man den Gehalt der Rechtsfolgeanordnungen für das Fehlen von Effektivzinsangaben in Übereinstimmung mit dem vom Gesetzgeber - entgegen der "authentischen Kommentierung" von Seibert - vernünftigerweise Gewollten wie folgt festlegen:

bulletBei Sachkrediten ergeben sich die geschuldeten Raten aus einem Teilzahlungsplan über die gesamte vorgesehene Laufzeit mit einer Effektivverzinsung zum gesetzlichen Zinssatz.
bulletBei Geldkrediten ergeben sich die geschuldeten Raten aus einem Ratenzahlungsplan über die gesamte vorgesehene Laufzeit mit einer Effektivverzinsung zum gesetzlichen Zinssatz zuzüglich der auf jede Rate mit einem gleichen Anteil aufgeschlagenen Einmalkosten.

Die Entwicklung insgesamt erlaubt uns auch eine präzise Bestimmung des dem Vertrage zugrunde liegenden Zinssatzes. Es ist der (effektive) Jahreszins, der sich ergäbe, wenn der Kreditnehmer nur die mit Hilfe des Nominalzinssatzes errechneten Kreditgebühren und keine weiteren Kosten schuldete. Wir werden sehen, dass sich allein mit dieser Bestimmung des dem Vertrage zugrunde liegenden Zinssatzes dem § 494 Abs. 3 BGB eine für den Geldkredit annähernd vernünftige Regelung abringen lässt.

Eine weiter gehende Anpassung der Regelung des Geldkredits an die Regelung des Sachkredits, wie sie sich in Anbetracht der vorfindlichen, wenn auch nicht zwingenden, Vertragsgestaltungen ergibt, wäre nur unter Aufgabe der Sonderbehandlung der nicht als Zinsen behandelten Kosten des Geldkredits möglich. Sie kann jedoch allein durch den Gesetzgeber erfolgen. Zwar führt auch die Sonderbehandlung zu einer tatsächlichen Ungleichbehandlung von Geldkredit und Sachkredit, für die es kaum sachliche Gründe gibt. Doch würde die Aufgabe der Sonderbehandlung den möglichen Wortsinn der Regelung sprengen. Mit einer Analogie als Vehikel der Rechtsfortbildung jenseits des möglichen Wortsinns kann man keine eindeutige Anordnung des Gesetzgebers verdrängen. Ein dem Normtext widersprechendes Ziel des Gesetzgebers lässt sich nicht feststellen. Und die Diskrepanz in den Rechtsfolgen ist schließlich nicht rechtlich zwingend, sondern allein Folge der tatsächlichen Ausgestaltung der Sachkreditverträge.

Folgen der Angabe eines zu niedrigen effektiven Jahreszinssatzes

Der Gesetzgeber hat mit §§ 494 Abs. 3 und 502 Abs. 3 Satz 6 BGB der Praxis eine Regel beschert, die einerseits nicht besonders klar ist und die andererseits nach einer Klarstellung unter noch krasseren Wertungsinkonsistenzen und Ungereimtheiten leidet als die gerade für das Fehlen der Effektivzinsangabe entwickelte Regelung. Das wird die Frage nach der Verbindlichkeit des Angeordneten aufwerfen.

Das vom Gesetzgeber Gesagte

Es soll beim Geldkredit der dem Vertrage zugrunde gelegte Zinssatz und beim Sachkredit der Teilzahlungspreis um den Vomhundertsatz vermindert werden, um den der effektive Jahreszinssatz zu niedrig angegeben ist. Die erste Frage ist, wie man diesen Vomhundertsatz ermittelt: Als absolute Differenz des richtigen und des angegebenen Zinssatzes oder als relative Differenz. Beides ist sprachlich möglich, weil es um die Differenzen von Einheiten geht, die schon in Vomhundertsätzen ausgedrückt sind. Wäre das nicht der Fall, gäbe es einen Vomhundertsatz nur als relative Differenz. 10 Äpfel sind um 25% mehr als 8 Äpfel, oder 8 Äpfel um 20% weniger als 10 Äpfel, je nachdem, welchen Betrag man als Basis für 100% nimmt. Es handelt sich jeweils zwingend um relative Differenzen. Bei Effektivzinsangaben von 8% gegenüber 10% kommt als Vomhundertsatz, um den der effektive Jahreszinssatz zu niedrig angegeben ist, auch die absolute Differenz von 2% in Betracht. Dem vom Gesetzgeber Gesagten lässt sich der Regelungsgehalt der §§ 494 Abs. 3 und 502 Abs. 3 Satz 6 BGB nicht abgewinnen.

Das vom Gesetzgeber Gewollte

Befragen wir für das, was der Gesetzgeber gewollt hat, den "Vater des Gesetzes"! Der meint, der Gesetzgeber habe die absolute Differenz gemeint (Seibert, § 6 Rdnrn. 11 und 12), bei den von uns gerade gegriffenen Zahlen also 2%.

Gehen wir mit dieser Meinung an unseren Fall heran, bei dem die Angabe auf 12% lautet! Die absolute Differenz zum richtigen effektiven Jahreszinssatz beträgt 2,1%. Doch wie soll es nun weiter gehen? Wir stoßen gleich auf die nächste Unklarheit. Beim Geldkredit ist ein Zinssatz zu vermindern. Auch das kann wieder absolut durch Subtraktion der eben festgestellten absoluten Differenz vom Nominalzins geschehen wie relativ durch die Formel "Nominalzins mal (1 minus Zinsdifferenz)". Beim Sachkredit steht von vornherein nur die relative Minderung zu Gebote, da der zu mindernde Wert kein Prozentwert, sondern der Teilzahlungspreis ist. Die Minderungsformel lautet daher eindeutig "Teilzahlungspreis mal (1 minus Zinsdifferenz)".

Befragen wir den "Vater des Gesetzes"! Die Antwort ist überraschend. Der Gesetzgeber soll bei Geldkrediten die absolute Minderung des Nominalzinses und bei Sachkrediten die relative Minderung des Teilzahlungspreises gewollt haben (Seibert, § 6 Rdnrn. 11 und 12). Die Überraschung rührt daher, dass wir bei einem nominellen Monatszinssatz von 0,55% nicht so recht wissen, wie wir nach der Subtraktion von 2,1% weitermachen sollen. Selbst wenn wir die Differenz von 2,1%, die ja eine Differenz von Jahreszinssätzen ist, durch 12 dividieren und die so erhaltene Differenz von 0,175% vom Nominalzins abziehen, kann das Ergebnis schlechterdings nicht gewollt sein, weil nun der verminderte Zins mit 0,375% zu einem effektiven Jahreszins führt, der dicht bei dem gesetzlichen Zinssatz liegt. Der Weg weckt Unbehagen, weil er das Ziel des Gesetzgebers, den Kreditgeber an dem von ihm zu niedrig angegebenen Effektivzins festzuhalten, völlig verfehlt. In der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs (bei Seibert, S. 131) heißt es: "Der Kreditgeber soll dann an dem von ihm zu niedrig angegebenen Effektivzins festgehalten werden."

Vielleicht ist aber auch der ganze Ansatz falsch, und Nominalzins des Geldkredits wie Teilzahlungspreis des Sachkredits sind um die Zinsdifferenz relativ zu vermindern. Dann kommen wir in der Tat nicht in die beschriebenen Schwierigkeiten, wohl aber in andere. Die relative Verminderung mit der absoluten Differenz zwischen angegebenem Effektivzins und zutreffendem Effektivzins ist nicht sachangemessen. Sie kann beim Nominalzins zu einer zu geringfügigen Minderung der Belastung führen. Wenn etwa die Belastung mit 10% statt mit 15% angegeben wird, dann sollte auf die Gesamtbelastung gesehen diese auch um ein Drittel (relative Abweichung) und nicht nur um ein Zwanzigstel (absolute Abweichung) vermindert werden. Es wäre also doppelt relativ zu verfahren: bei der Ermittlung der Differenz von angegebenem und zutreffendem effektiven Jahreszinssatz und bei der Minderung der Leistungen des Kreditnehmers. Das ist auch der Vorschlag von Münstermann/Hannes, Rdnr. 323, die ein Beispiel diskutieren, bei dem das Arbeiten mit absoluten Differenzen zu einer zu starken Entlastung des Kreditnehmers führt. Für den Geldkredit mit dem Bezugspunkt Nominalzins führt das zu akzeptablen Ergebnissen, für den Sachkredit jedoch nicht. Dort soll ja die Minderung nicht an der Belastung durch den Kredit, sondern am Teilzahlungspreis ansetzen. Der aber enthält auch das Kapital. Die Minderung wird viel zu hoch. Münstermann/Hannes, Rdnr. 325 wollen deshalb nicht den Teilzahlungspreis, sondern die Kosten des Kredits im Verhältnis der prozentualen Differenz zwischen richtigem und falschem effektiven Jahreszinssatz kürzen. Reifner, § 7 C II (Rdnr. 39), erklärt den Ansatz am Teilzahlungspreis schlicht für ein Redaktionsversehen. Dafür gibt es aber keine Anhaltspunkte in den Gesetzesmaterialien.

Es bleibt eine weitere Möglichkeit, die wieder an das anschließt, was nach Seibert gewollt ist: Subtraktion der absoluten Zinsdifferenz vom Nominalzinssatz (genauer: von dem dem Vertrage zugrunde gelegten Zinssatz) beim Geldkredit und die relative Minderung des Teilzahlungspreises um (die absolut ermittelte) Zinsdifferenz beim Sachkredit. Dazu muss man sich zunächst der Bedeutung des dem Vertrage zugrunde gelegten Zinssatzes vergewissern. Der ist halt mit dem Nominalzinssatz ungenau beschrieben. Es geht in Wirklichkeit um den effektiven Zinssatz, der sich ergäbe, wenn der Kreditnehmer nur die mit dem angegebenen Monatszinssatz errechneten Gebühren schuldete. So mit guten Gründen Scholz, Verbraucherkreditverträge, 2. Aufl. 1992, Rdnr. 244. Dies entspricht auch dem oben für das Fehlen der Angabe des effektiven Jahreszinssatzes entwickelten Ergebnis. In unserem Beispielsfall wären das bei einem Nettokredit von 10.000,00, Kreditgebühren von 1.980,00 und einer Laufzeit von 36 Monaten 12,80%, wie die Tabelle belegt, wenn man für die erste Rate 309,85 und die Normalrate 333,43 einträgt. Zieht man 2,1% ab, kommt man auf 10,7%. Mit diesem Zinssatz wären Kreditgebühren von 1.655,03 geschuldet. Diese machen zusammen mit den unangefochtenen Bearbeitungskosten von 200,00 die Gesamtkosten von 1.855,03 aus. Die angepassten Raten betrügen 306,62 für die erste Rate und 329,95 für alle anderen Raten. Das entspräche in der Tat einer Effektivverzinsung von 12%.

Für den Sachkredit käme man in unserem Fall auf einen Teilzahlungspreis von 11.924,22. Die Raten müssten bei Aufrechterhaltung der Laufzeit neu berechnet werden. Das geschieht am einfachsten dadurch, dass alle Raten um den Quotienten aus neuem und alten Teilzahlungspreis gekürzt werden. Dann betragen die erste Rate 308,39 und die Normalrate 331,88. Mit diesen Konditionen ergäbe sich ein effektiver Jahreszinssatz von 12,44%. Das entfernt sich nicht allzu sehr von der gesetzgeberischen Zielvorstellung, steht aber doch im Gegensatz zu der Lösung für den Geldkredit.

Doch gibt es gerade auch beim Sachkredit Gestaltungen, die nicht mehr hinnehmbar sind. Bei einem Barzahlungspreis (Nettokredit) von 10.000,00 und einem in 10 Monatsraten aufzubringenden Teilzahlungspreis von 10.800,00 beträgt der effektive Jahreszinssatz 18,5%. Wird der effektive Jahreszinssatz mit 8,5% angegeben, wäre ein Geldkredit ohne Kostenaufspaltung tatsächlich mit diesem Zinssatz zu verzinsen. Die Rate betrüge 1.037,90 und der Bruttokredit 10.379,00. Beim Sachkredit muss hingegen der Kreditnehmer, nimmt man den Gesetzgeber beim Wort, nur noch 9.720,00 und damit weniger als den Barzahlungspreis erlegen. Wieder kommt es zu einer krassen Ungleichbehandlung und einer Verfehlung des gesetzgeberischen Ziels um Längen.

Die Unverbindlichkeit des Gesagten und die Verbindlichkeit des Gewollten

Ich sehe keine Möglichkeit zu einem Lösungsvorschlag, der sich an das vom Gesetzgeber Gesagte bindet und auch nur annähernd das Postulat nachvollziehbarer und wertungskonsistenter Argumentation erfüllt. Was immer man versucht, man stößt allenthalben auf Ungereimtheiten, die sich dem offensichtlich unzureichenden Durchdenken der Materie und der Unkenntnis über die im - auch für die Rechtsanwendung eingeläuteten - Zeitalter des Computers gegebenen Berechnungsmöglichkeiten verdankt. Es war das Anliegen des Gesetzgebers, die Kreditbelastungen an den zu niedrig angegebenen Effektivzinssatz anzupassen. In der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs (bei Seibert, S. 131) können wir lesen: „Der Kreditgeber soll dann an dem von ihm zu niedrig angegebenen Effektivzins festgehalten werden." Um dieses Ziel zu erreichen, hat man allerdings einen völlig untauglichen Weg gewählt. Diesem Anliegen wertungsgerecht Rechnung zu tragen, ist für den ein Leichtes, dem ohnehin die Berechnung des korrekten effektiven Jahreszinssatzes abverlangt wird, mag er sich selbst an den Rechner setzen und mit der Tabellenkalkulation spielen oder mag er einen Sachverständigen für sich spielen lassen. Der Knoten des in §§ 494 Abs. 3 und 502 Abs. 3 Satz 6 BGB angelegten Wirrwarrs lässt sich mit der einfachen Regel durchschlagen: „Wird der effektive ... Jahreszins zu niedrig angegeben, so richten sich die Leistungen des Kreditnehmers nach dieser Angabe. Vereinbarte Teilzahlungen sind neu zu berechnen." Die Frage kann nur noch lauten, ob dem Rechtsanwender das Schwert zu Gebote steht, das ihm den Weg zu dieser Regel bahnt. Da die Regel die Grenzen des möglichen Wortsinns der vom Gesetzgeber in §§ 494 Abs. 3 und 502 Abs. 3 Satz 6 BGB formulierten Regel sprengt, ist die Frage gleichbedeutend mit der Frage nach den Grenzen der Rechtsfortbildung durch den Rechtsanwender.

Grenzen der Rechtsfortbildung

Eine aus der Funktionenordnung der Verfassung und dem Gewaltenteilungsprinzip gewonnene Grenze ist das Verbot der Entscheidung gegen das vom Gesetzgeber Gesagte und von ihm zugleich Gewollte (Entscheidung contra legem). Ob es sich bei § 6 Abs. 4 VerbrKrG (jetzt §§ 494 Abs. 3 und 502 Abs. 3 Satz 6 BGB) um eine Regel dieser Qualität handelt, ist entgegen dem ersten Anschein nicht so ohne weiteres zu beantworten. Das Gewollte kann nämlich unterschiedliche Bezugspunkte haben: das Gesagte und das hinter dem Gesagten liegende Ziel. Fragen wir uns, ob der Gesetzgeber das sagen wollte, was er gesagt hat, verdient die Frage ausweislich der Gesetzesmaterialien ein eindeutiges Ja. In der amtlichen Begründung heißt es nämlich: "Abs. 4 enthält eine Sanktion für den Fall, dass die für den Verbraucher besonders wichtige Angabe des effektiven Jahreszinses abweichend von der tatsächlichen Belastung zu niedrig angegeben ist. Der Kreditgeber soll dann an dem von ihm zu niedrig angegebenen Effektivzins festgehalten werden. Dies geschieht, indem der Nominalzins ... um die Differenz zwischen dem richtigen und dem zu niedrig angegebenen Effektivzins vermindert wird ... . Für den Abzahlungskauf ist eine vergleichbare Kürzung des Zinssatzes nicht möglich. Hier wird der Teilzahlungspreis um den Vomhundertsatz vermindert, um den der Effektivzins zu niedrig angegeben ist. Dies führt in der Mehrzahl der Fälle zu einem den Geldkrediten ... vergleichbaren Ergebnis." Fragen wir uns, ob der Gesetzgeber mit Blick auf das von ihm verfolgte Ziel das gewollt hat, was das Gesagte und als Gesagtes Gewollte bewirkt, so lautet ausweislich der nämlichen Gesetzesmaterialien die Antwort ebenso eindeutig Nein. Der Gesetzgeber hat sich im Mittel vergriffen. Er wollte das Mittel als Mittel. Das von ihm gewollte Ziel hat er mit diesem Mittel aber verfehlt. Darf hier der Rechtsanwender eingreifen und dem vom Gesetzgeber als Ziel Gewollten auch gegen den gewollten Gesetzestext zur Geltung verhelfen (zu dieser Möglichkeit der Rechtsfortbildung Koch/Rüßmann, § 23, 1)? Im Grundsatz stehe ich einer solchen Möglichkeit außerordentlich skeptisch und zurückhaltend gegenüber. Wie leicht wäre es dem Rechtsanwender, sich über Anordnungen des Gesetzgebers hinwegzusetzen unter Berufung auf die sonst drohende Verfehlung des sicherlich immer angestrebten Ziels der Gerechtigkeit. Wenn ich im konkreten Fall dennoch zu einer Rechtsfortbildung durch den Rechtsanwender rate und diese nicht durch das Verbot der Entscheidung contra legem gehindert sehe, so nur deshalb, weil erstens das Ziel ein konkret gefasstes und in den Materialien zum Ausdruck gebrachtes Nahziel des Gesetzgebers ist und zweitens nur die vorgeschlagene Regel das Ziel auf einfache und einsichtige Art verwirklichen hilft. Auch dem Gesetzgeber stünde keine andere Regel zu Gebote, um das von ihm verfolgte Ziel zu erreichen. Bei einem unter Beibehaltung des Ziels auf null geschrumpften Ermessensspielraum des Gesetzgebers greift der Rechtsanwender nicht in verbotener Weise in die Funktionenordnung der Verfassung und das Gewaltenteilungsprinzip ein, wenn er diesem Ziel zur Geltung verhilft. Im Gegenteil: Mit der im Wege der Rechtsfortbildung gewonnenen Regel schafft er dem Gleichbehandlungsgebot Raum, an dem ohne die Rechtsfortbildung eine Anwendung des § 6 Abs. 4 VerbrKrG scheitern müsste. Die Rechtsfortbildung wird von der Verfassung geradezu gefordert (vgl. zu der Idee einer von der Verfassung gebotenen Rechtsfortbildung auch Koch/Rüßmann, § 25). 

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© Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann. 
Bei Fragen und Unklarheiten wenden sich meine Studenten bitte an:
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