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Konsequenzen der leistungsbefreienden Unmöglichkeit für den gegenseitigen Vertrag

Wird die Leistung dem Schuldner unmöglich, dann wird er sich natürlich in erster Linie fragen, ob die Unmöglichkeit ihn von seiner Primärleistungspflicht entbindet und ob ihn sekundäre Leistungspflichten treffen. Selbst wenn er aber im Falle unverschuldeter Unmöglichkeit seine Haftung erfolgreich "abwehren" kann, wird er sich bei gegenseitigen Verträgen häufig in einem zweiten Schritt fragen, was nun aus seiner Forderung (z.B. dem Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 Abs. 2 BGB) gegen den Gläubiger wird.

Dies hängt nach der Regelung des § 326 BGB grundsätzlich davon ab, ob der Gläubiger die Unmöglichkeit zu vertreten hat oder nicht. Hat der Gläubiger die Unmöglichkeit ausnahmsweise einmal zu vertreten, dann behält der Schuldner gemäß § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung, auf den er sich nach § 326 Abs. 2 Satz 2 BGB die durch den Wegfall seiner Leistungspflicht entstehenden Vorteile anrechnen lassen muss. Hat der Gläubiger dagegen die Unmöglichkeit ebenso wenig wie der Schuldner zu vertreten, dann verliert der Schuldner natürlich gemäß § 326 Abs. 1 BGB den Anspruch auf die Gegenleistung. § 326 Abs. 1 BGB ist damit Ausdruck der synallagmatischen Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung beim zweiseitig verpflichtenden Vertrag: Haben weder (gemeint ist der Sachleistungs-)Schuldner noch Gläubiger die Unmöglichkeit der Leistungserbringung durch den Schuldner zu vertreten, dann verlieren beide ihre Ansprüche. 

Das Erlöschen der beiderseitigen Leistungspflichten nach §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 BGB führt jedoch nicht in jedem Falle auch zur Aufhebung des Schuldverhältnisses im weiteren Sinne. So kann der (Sachleistungs-)Gläubiger trotz des Untergangs seines Anspruchs nach § 275 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Herausgabe oder Abtretung des so genannten "stellvertretenden commodums" gemäß § 285 Abs. 1 BGB haben. § 285 Abs. 1 BGB gibt dem Gläubiger, der seinen Anspruch wegen Unmöglichkeit verloren hat, einen Anspruch auf Herausgabe oder Abtretung dessen, was der Schuldner als Ersatz für den geschuldeten Gegenstand erlangt hat. Damit handelt es sich bei § 285 BGB dogmatisch betrachtet um einen Fall schuldrechtlicher Surrogation. Typische Beispiele für solche Surrogate sind etwa Schadensersatzansprüche oder Ansprüche auf Versicherungsleistungen, die dem Schuldner wegen des Untergangs des Leistungsgegenstandes zustehen. Verlangt der Gläubiger nun gemäß § 285 Abs. 1 BGB das stellvertretende commodum, so tritt dieses an die Stelle des ursprünglich geschuldeten Gegenstandes, so dass der Gläubiger auch weiterhin zur Gegenleistung verpflichtet bleibt (§ 326 Abs. 3 Satz 1 BGB). Diese wird allerdings nach § 326 Abs. 3 Satz 2 BGB nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 BGB in dem Verhältnis gemindert, in dem das Surrogat hinter dem Wert der ursprünglich geschuldeten Leistung zurückbleibt.

Andererseits kann es auch vorkommen, dass der Gläubiger bereits vor dem Eintritt der Unmöglichkeit an den Schuldner geleistet hat. Ist dies geschehen, dann kann der Gläubiger das Geleistete nach § 326 Abs. 4 BGB nach den Rücktrittsregeln der §§ 346 bis 348 BGB wieder zurückverlangen.

Zusammenfassend kann man § 326 Abs. 1 BGB entnehmen, dass der (Sachleistungs-)Schuldner grundsätzlich während des gesamten Erfüllungszeitraumes die Gegenleistungsgefahr trägt. Das BGB hält sich jedoch nicht streng an diesen Grundsatz und hat daher in einigen Fällen zum Schutze des Schuldners einen vorzeitigen Gefahrübergang angeordnet. Dabei handelt es sich um § 326 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB, wonach der Gläubiger, sobald er in Annahmeverzug ist, die Gegenleistungsgefahr trägt, sowie um die §§ 446, 447 BGB im Kaufrecht und die §§ 644, 645 BGB im Werkvertragsrecht.

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© Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann. 
Bei Fragen und Unklarheiten wenden sich meine Studenten bitte an:
Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann.
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