Schuldner- und Gläubigermehrheiten
Alternativkommentar BGB
§ 426 Randnummer 6

Ein viel diskutiertes Problem entsteht dann, wenn einer der potentiellen Schuldner von der Haftung gegenüber dem Geschädigten freigestellt ist, sei es durch vertragliche Vereinbarung, durch gesetzliche Anordnung (§§ 636 ff. RVO für Arbeitgeber und Arbeitskollegen) oder aufgrund von Haftungsbeschränkungen des bürgerlichen Rechts (§§ 708, 1359, 1664). Soll dann der nicht begünstigte Schuldner zu vollem Ersatz verpflichtet werden, ohne seinerseits ausgleichsberechtigt zu sein? In den RVO-Fällen hat die frühere Rechtsprechung die Frage bejaht (BGH 19, 120), während sie heute den Anspruch gegen den nicht begünstigten Schuldner schon im Außenverhältnis um den Anteil kürzt, der auf den nach den RVO-Vorschriften Begünstigten entfällt (BGH 61, 51). Bei der vertraglichen Haftungsfreistellung geht sie ebenso wie bei den gesetzlichen Haftungsbeschränkungen einen anderen Weg. Sie läßt den Nichtbegünstigten voll einstehen und gibt ihm ungeachtet der Haftungsfreistellung oder -beschränkung einen Ausgleichsanspruch gegen den an sich begünstigten Schuldner (BGH 12, 213; BGH 35, 323; BGH 58, 220). Soweit dieser sich beim Gläubiger schadlos halten kann, ist die Endbelastung dieselbe. Unter ökonomischen Gesichtspunkten verdient die Anspruchskürzung schon im Außenverhältnis den Vorzug (h. M.; Palandt/Heinrichs Anm. 5 m. w. N.). Ihr Nachteil zeigt sich im Prozeß. Einerseits belastet sie den Haftpflichtprozeß gegen den Nichtbegünstigten mit Fragen aus dem Verhältnis des Begünstigten zu dem Verletzten. Andererseits kommt es in diesem Prozeß leicht zu Urteilen, die eine volle Verpflichtung des nicht begünstigten Schuldners aussprechen, weil weder die eine noch die andere Partei die Haftungsfreistellung des Dritten in den Prozeß einführt. Wenigstens für diese Fälle muß der umständliche Weg der Rechtsprechung geöffnet bleiben ( Larenz SchuldR AT § 37 III).


zurück vorherige Randnummer
Gesetzestext