a) Schutzbereich und Folgeschäden
Während die Schutzbereichslehre für die Frage, ob die vom Schädiger verursachte Rechtsgutsverletzung (Erstverletzung) nach Gegenstand und Art eine Ersatzberechtigung für gerade diesen Träger des Rechtsguts auslöst, allgemein anerkannt ist, wird ihr die Relevanz für die Differenzierung der auf der Rechtsgutsverletzung beruhenden Folgeschäden (Folgeverletzungen) in zu ersetzende und nicht zu ersetzende häufig bestritten (Larenz SchuldR AT § 27 III 2; Keuk S. 224 ff.; Schickedanz NJW 1971, 916). Auch die oben gegen die Adäquanztheorien angeführten Beispiele beziehen sich in der Regel auf die Zurechnung von Erstverletzungen, so daß sie für die Zurechnung von Folgeschäden unmittelbar nichts hergeben. Es könnte ja durchaus sein, daß man die Frage, ob etwa Verhaltensgebote im Straßenverkehr, die unzweifelhaft zum Schutz der körperlichen Integrität aufgestellt sind, auch den Zweck haben, die Verkehrsteilnehmer vor ärztlichen Kunstfehlern zu schützen, als nicht legitim abweisen müßte, weil sie das auf Totalrestitution lautende Gesetzesprogramm verfehlt. Dem Unfallopfer sollen - darüber besteht im Ergebnis Einigkeit - auch die Schäden ersetzt werden, die ihm aufgrund unsachgemäßer ärztlicher Behandlung entstanden sind (BGH NJW 1961, 2203). Ebenso einhellig wird seinen Angehörigen im gleichermaßen unpraktischen wie illustrativen Lehrbuchbeispiel der Ersatzanspruch versagt, wenn wegen des unfallbedingten Krankenhausaufenthaltes der geplante Flug verschoben wird und der Ersatzflug fatal endet. Nach welchen Kriterien, wenn nicht nach der Adäquanzformel, soll aber hier differenziert werden?
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