Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
§ 286 Randnummer 27

5. Beweisvereitelung

Die Frage nach der Bewältigung eines Beweisproblems im Rahmen der Beweislastverteilungsregeln oder im Rahmen der Beweiswürdigung stellt sich auch bei der sog. Beweisvereitelung (vgl. vor § 284 RN 20). Damit ist ein Phänomen angesprochen, bei dem eine Partei vorsätzlich oder fahrlässig einen Beweis verhindert. Das Problem ist u.a. bei Arzthaftpflichtprozessen virulent geworden, wenn die vom Arzt zu führenden Unterlagen verschwunden, unvollständig oder gefälscht waren. Es tritt aber auch auf, wenn ein nur dem Gegner bekannter Zeuge von diesem nicht benannt wird. Der Gesetzgeber hat an verschiedenen Stellen das Problem gesehen: Wenn eine Urkunde von einer Partei in der Absicht, ihre Benutzung dem Gegner zu entziehen, beseitigt oder zur Benutzung untauglich gemacht wird, so können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den Inhalt der Urkunde als bewiesen angesehen werden (§ 444; ähnliche Regelungen in §§ 427, 441 Abs. 3). Ähnliches gilt bei der verweigerten Aussage oder Eidesleistung einer Partei (§§ 446, 453 Abs. 2). Den Vorschriften liegt der Gedanke zugrunde, daß die zurechenbare Beweisvereitelung im Rahmen der Beweiswürdigung für die Richtigkeit des gegnerischen Vorbringens gewertet werden kann. Diese Lösung ist wegen ihrer Flexibilität praktikabler als die Veränderung der Beweislastverteilung (vgl. Musielak/Stadler RN 185). Sie wird inzwischen auch vom BGH in Erwägung gezogen (vgl. BGH NJW 1976, 1315 einerseits und NJW 1978, 1681; 2337 andererseits). Die Kommission für das Zivilprozeßrecht hat eine Ergänzung des § 286 vorgeschlagen, die beide Lösungsmöglichkeiten vorsieht (Kommissionsbericht S. 121 ff., 332).


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Gesetzestext