IV. Resümee
Als einheitliches Kriterium dafür, daß ein Gericht eine Sachverhaltsdarstellung seiner Entscheidung zugrunde legen darf, kommt die Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit der Behauptung in Betracht. Bei der Überzeugungsbildung ist das Gericht von Ausnahmefällen abgesehen an keine gesetzlichen Beweisregeln gebunden. Es ist aber dennoch nicht frei, weil es seine Überzeugung begründen muß. Zweifel, die aus bloß allgemeiner Erkenntnisskepsis gespeist werden, dürfen die Überzeugungsbildung nicht hindern. Andererseits ist das Gericht nicht gehindert, sich eine Überzeugung auch dort zu bilden, wo die gegebenen Informationen lediglich einen solchen Vertrauensgrad in die Wahrheit der Behauptung rechtfertigen, der unterhalb der durch bloße Erkenntnisskepsis gezogenen Schwelle liegt. Ob es sich in dem bis zur überwiegenden Wahrscheinlichkeit reichenden Raum eine Überzeugung bilden soll, hängt von verschiedenen Umständen ab, die sich nur schwer in allgemeine und zugleich praktikable Regeln fassen lassen. Zu ihnen zählt das mitunter verschiedene Gewicht, das die Folgen einer Fehlentscheidung für die beteiligten Parteien haben. Dabei sollte schon aus Gründen des Gleichbehandlungsgebots weniger auf die Parteien als Individuen mit ihren ganz spezifischen Verhältnissen als vielmehr auf die Parteien als Träger verallgemeinerungsfähiger sozialer Rollen geachtet werden. Je stärker sich die sozialen Rollenträger gleichen, je geringer die Kostenunterschiede eventueller Fehlentscheidungen sind, desto eher wird man sich aufgrund bloßer Wahrscheinlichkeitserwägungen zu einer Überzeugung durchringen dürfen. Eine wichtige Rolle spielt die Frage, worauf in der je betrachteten Situation die Schwierigkeiten beruhen, ein Urteil über die Wahrheit einer Sachverhaltsbehauptung zu gewinnen, das allenfalls noch Zweifel aus allgemeiner Erkenntnisskepsis ausgesetzt sein könnte. Sind es für das fragliche Merkmal wegen seiner Beschaffenheit (Kausalität) oder wegen der Umstände, in dem es eine Rolle spielt (Verschulden bei technisch komplizierten Abläufen mit vielfältig ineinander wirkenden Faktoren) typische Schwierigkeiten, wird man, um eine Norm nicht leerlaufen zu lassen, zu einer schon früher einsetzenden Überzeugungsbildung bereit sein müssen. Das gleiche gilt, wenn die Beweisnot dem Gegner zuzuschreiben ist, der einen an sich möglichen Beweis vereitelt. In die entgegengesetzte Richtung wirkt es, wenn eine Beweisnot durch zumutbare organisatorische Maßnahmen hätte verhindert werden können.
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