Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
§ 411 Randnummer 4

Fragerecht der Parteien: Unabhängig von der Ermessensausübung des Gerichts nach Abs. 3 haben die Parteien über §§ 402, 397 das Recht, Fragen an den Sachverständigen zu richten (vgl. Gehle DRiZ 1984, 101 ff.). Dieses Recht kann ihnen auch bei schriftlicher Begutachtung nicht genommen werden (BGH 6, 398). Seine Ausübung ist nur davon abhängig, daß die Fragerichtung angegeben wird. Die Vorlegung der Fragen im einzelnen darf das Gericht nicht zur Voraussetzung für die Anordnung des Erscheinens des Sachverständigen machen (BGH NJW 1961, 2308; Oldenburg OLGZ 1970, 480). Sie ist aber sinnvoll, um dem Sachverständigen die Möglichkeit zu geben, sich auf die Anhörung vorzubereiten. Der Antrag muß spätestens in dem Termin gestellt werden, in dem das Gutachten vorgetragen und damit in den Rechtsstreit eingeführt wird (§ 285 Abs. 2). Danach gestellte Anträge gelten als Anträge auf erneute Vernehmung (§§ 402, 398), über die das Prozeßgericht nach seinem Ermessen befindet (BGH 35, 370). Wenn der Antrag in dem Termin gestellt wird, in dem das Gutachten eingeführt wird, kann er immer noch als verspätet zurückgewiesen werden (§§ 296 Abs. 2, 528 Abs. 2; vgl. BGH VersR 1972, 927, 928; Rixecker NJW 1984, 2135, 2137 f.; Schrader NJW 1984, 2806). Darum muß die Partei dafür Sorge tragen, daß der Antrag so rechtzeitig gestellt wird, daß die Ladung des Sachverständigen zu dem fraglichen Termin noch erfolgen kann. Der rechtzeitig gestellte Antrag kann nur bei offenbarem Rechtsmißbrauch (Verschleppungsabsicht) zurückgewiesen werden (BGH 24, 9, 14). Die geschilderten Grundsätze werden Gesetzeskraft erlangen, wenn nach den Vorstellungen der Bundesregierung (Bundesratsdrucksache 522/84) dem § 411 folgender Abs. 4 angefügt wird: "Die Parteien haben unverzüglich zu erklären, welche Einwendungen gegen das schriftliche Gutachten erhoben werden, ob die Ladung des Sachverständigen beantragt wird und welche Ergänzungsfragen sie ihm in der mündlichen Verhandlung stellen wollen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend."


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Gesetzestext