Vor dem skizzierten Wissensstand über die Aufnahme, die Speicherung und den Abruf eines Ereignisses wird die realitätsgerechte Reproduktion des Ereignisses ihrerseits zu einem höchst voraussetzungsvollen, wenn nicht gar unwahrscheinlichen Ereignis. Ob uninterpretierte Sinneserregungen (Sensationen) im Langzeitspeicher gelagert werden, wissen wir nicht. Die im Sinne eines für das Subjekt stimmigen Bildes interpretierten Sensationen können der Reizkonstellation in der bewußten Wahrnehmung schon eine Bedeutung verleihen, die ihr tatsächlich nicht zukommt. Die Speicherung der interpretierten Sensationen erfolgt sowohl sinnesspezifisch als auch in Propositionen, welche in die Organisation des schon vorhandenen Bedeutungs- und Weltwissens eingebettet werden. Das Bedeutungs- und Weltwissen unterliegt Veränderungen im Lichte weiterer Erfahrungen. Für den Abruf müssen die Spuren aufgefunden werden, die das fragliche Ereignis hinterlassen hat. Das kann durch vielfältige Überlagerungen erschwert, vielleicht durch Spurenzerfall sogar unmöglich sein. Auch die Reproduktion im Abruf steht unter dem Einfluß des inzwischen möglicherweise veränderten Bedeutungs- und Weltwissens des Individuums. Da das Individuum heute wie damals eine für es selbst stimmige Welt aufbaut (Idee der internen Konsistenz) , kann ohne eine Veränderung in der sensorischen Basis das damals aufgenommene (stimmige) Bild ein anderes sein als das heute reproduzierte (stimmige) Bild.
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