Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 402 Randnummer 1

A. Aspekte des Sachverständigen

Der Sachverständigenbeweis läßt sich unter verschiedenen Aspekten betrachten. Man kann fragen, von welcher Art die Informationen sind, für die man einen Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren benötigt. Bei dieser Frage wird sich herausstellen, daß die von einem Sachverständigen erwarteten Informationen weit über das hinausgehen, was man von anderen Personen, von Richtern Zeugen und Parteien zu Beweiszwecken erwartet (unten RN 2 ff.). Man kann weiterhin nach verfahrenssoziologischen und funktionalen Aspekten der Rolle des Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren fragen und hier insbesondere den Beitrag des Sachverständigen zur Konfliktbewältigung und Streiterledigung analysieren (vgl. dazu Stahlmann in: Pieper/Breunung/Stahlmann S. 71 ff. und Breunung S. 13 ff.). Man kann die Stellung des Sachverständigen zum Richter betrachten, Kompetenzabgrenzungen problematisieren, über Etikettierungen (Beweismittel, Gehilfe, Helfer, iudex facti, Berater) streiten und die Entscheidungsautonomie des Gerichts in Frage stellen oder doch mindestens bedroht sehen (vgl. Pieper in: Pieper/Breunung/Stahlmann S. 12 ff.; Olzen ZZP 93 (1980), 66 ff.; mit einem Überblick über verschiedene Rechtsordnungen Nicklisch S. 306 ff.). Bei alledem ist es nützlich, etwas über die Prozeßwirklichkeit des Sachverständigenbeweises im Zivilprozeß zu erfahren, die Breunung in einer groß angelegten empirischen Untersuchung erhoben hat (vgl. Breunung in: Pieper/Breunung/Stahlmann S. 125 ff. und die ausführlichere Analyse in ihrer Dissertation). Wir wollen uns zunächst mit der Frage auseinandersetzen, für welche Art von Informationen das Gericht einen Sachverständigen benötigen könnte.


nächste Randnummer