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Verdacht eines BeschaffenheitsmangelsIn einigen Fällen taucht die schwierige Frage auf, ob bereits der Verdacht, dass eine Sache mit einem Beschaffenheitsmangel behaftet ist, zur Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes führt. Der BGH hat sich mit dieser Frage grundlegend in BGHZ 52, 51 ff. auseinander gesetzt. Dieser Entscheidung lag folgender, leicht abgewandelter Sachverhalt zugrunde (vgl. dazu auch die - allerdings auf altem Recht basierende - Klausur von Rüßmann/Lange, in: JuS 2001, 980 ff.):
Es ist zu prüfen, ob K dem aus § 433 Abs. 2 BGB begründeten Anspruch des V auf Zahlung des Kaufpreises die Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1 BGB entgegenhalten kann. Dies setzt hier voraus, dass V seine Pflicht zur sachmängelfreien Leistung gemäß § 433 Abs. 1 S. 2 BGB nicht erfüllt hat, weil das gelieferte Fleisch mit einem Beschaffenheitsmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB behaftet war. Wenn nachgewiesen wäre, dass die Hasen salmonellenverseucht waren, dann könnte man einen Beschaffenheitsmangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB unproblematisch bejahen, da die Parteien stillschweigend vereinbart hatten, dass das Hasenfleisch jedenfalls auf Grund seiner Beschaffenheit zum gesundheitlich unbedenklichen Verzehr und damit auch zum Verkauf als Lebensmittel geeignet sein sollte (vgl. BGHZ 52, 51, 53). Der Salmonellenbefall des Fleisches steht aber gerade nicht fest und kann wegen der zwischenzeitlich erfolgten Vernichtung des Fleisches auch nicht mehr festgestellt werden. Daher stellt sich nun die Frage, ob auch der Verdacht des Salmonellenbefalls einen Beschaffenheitsmangel darstellt. Der BGH ist der Auffassung, dass auch der auf konkrete Tatsachen gestützte, nahe liegende Verdacht gesundheitsschädlicher Beschaffenheit, den der Käufer nicht durch zumutbare Maßnahmen ausräumen kann, als Beschaffenheitsmangel gewertet werden kann, da er den Vertragszweck "Weiterveräußerung der Ware" vereitelt (BGHZ 52, 51, 53 f.; BGH NJW 1989, 218, 219 f.). Bei dem auf der Herkunft der Ware beruhenden, praktisch nicht ausräumbaren Verdacht handelt es sich dann um eine den Beschaffenheitsmangel begründende soziale Beziehung des Kaufgegenstandes zur Umwelt. Allerdings musste der BGH im konkreten Fall noch prüfen, ob der Käufer den Verdacht nicht durch zumutbare Maßnahmen ausräumen konnte. Hierfür war nach seiner Auffassung die Untersuchung der gesamten Lieferung durch einen Sachverständigen erforderlich. Da diese Untersuchung den K mehr gekostet hätte als die Ware selbst, hielt der BGH sie für unzumutbar (BGHZ 52, 51, 54). Somit war das Hasenfleisch nach der Auffassung des BGH mangelhaft und K konnte die Zahlung des Kaufpreises gestützt auf § 320 Abs. 1 BGB verweigern. Zusammenfassend kann man zu dem Problem, ob der Verdacht eines Fehlers einem Fehler gleichgestellt werden kann, sagen, dass der BGH hierfür einen auf konkrete Tatsachen gestützten, nahe liegenden Verdacht verlangt, den der Käufer nicht durch zumutbare Maßnahmen ausräumen kann. Dies gilt aber nur, wenn der Verdacht später (d.h. vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung) nicht ausgeräumt wird. Stellt sich dagegen später heraus, dass der Verdacht unbegründet war, so will der BGH einen Beschaffenheitsmangel verneinen, da die Ware nie mangelhaft war (BGH NJW 1972, 1462, 1463; NJW 1989, 218, 220). Das wird man aber so verstehen müssen, dass die Verneinung eines Beschaffenheitsmangels bei nachträglicher Widerlegung des Verdachts nur gilt, wenn die Ware danach wieder unbedenklich verzehrt und/oder verkauft werden kann. Ist sie zwischenzeitlich aber, wie in dem Fall der argentinischen Hasen, ungenießbar geworden, so war sie bis zuletzt auf Grund des Verdachts unverkäuflich und damit für den K unbrauchbar. Nach § 434 Abs. 1 BGB muss die Sache jedoch bei Gefahrübergang, d.h. grundsätzlich bei Übergabe der Sache (§ 446 BGB), die vereinbarte Beschaffenheit nicht aufweisen und dies könnte oft zur Verneinung eines Beschaffenheitsmangels führen, da der Verdacht als mangelbegründende Umweltbeziehung meist erst nach Gefahrübergang auftauchen wird. Um die Rechtsposition des Käufers zu stärken, bejaht der BGH das Tatbestandsmerkmal "bei Gefahrübergang" daher bereits dann, wenn der Verdacht erst nach Gefahrübergang entsteht, aber auf Tatsachen beruht, die vor Gefahrübergang bereits gegeben, jedoch noch nicht erkannt waren (BGH NJW 1972, 1462, 1463; 1989, 218, 220). Dies ist auch dogmatisch vertretbar, da der den Mangel begründende Verdacht (genauer gesagt: die verdachtauslösenden Tatsachen) bereits bei Gefahrübergang in der Sache angelegt war (vgl. Rüßmann/Lange, in: JuS 2001, 980, 983). Ist die Frage, ob auch der nicht ausräumbare Verdacht eines Fehlers einen Fehler darstellt, in der Rechtsprechung zunächst bei Lebensmitteln, die in dem Verdacht der Gesundheitsschädlichkeit standen und zum Wiederverkauf bestimmt waren, aufgetaucht, so dürften in Zukunft Fälle von Grundstücken mit Altlastenverdacht zunehmend relevant werden. Hier wird vorgeschlagen einen mangelbegründenden Verdacht bei Grundstücken anzunehmen, bei deren früherer industrieller Nutzung mit Stoffen gearbeitet wurde, deren Vorhandensein im Boden unstreitig eine behandlungsbedürftige Altlast darstellen würden. Ist das nicht der Fall, so soll ein entsprechender Verdacht nach Teilbeprobungen zu bejahen sein, die auf eine sanierungsbedürftige Altlast hindeuten (Knoche, NJW 1995, 1985, 1988). Besonders dringend wird sich hier die Frage stellen, bis zu welcher Summe dem Käufer Untersuchungskosten zur Ausräumung des Verdachts zugemutet werden können. Dabei wird im Hinblick auf die hohen Immobilienpreise vorgeschlagen, nicht wie in der BGH - Entscheidung zum argentinischen Hasenfleisch darauf abzustellen, ob die Untersuchungskosten dem Kaufpreis entsprechen, sondern eine Obergrenze festzulegen (vgl. Knoche, NJW 1995, 1985, 1988, der damals 20.000 bis 30.000 DM für zumutbar hielt). |
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