Euleklein.gif (982 Byte) Vereinbarung Eulerechtsklein.gif (984 Byte)

Home Nach oben Vereinbarung Verwendungszweck Üblichkeit

Umweltbeziehungen
Verdacht

Sachmangel kraft Abweichung von der Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB)

Haben die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen, so ist diese alleiniger Maßstab für die Soll-Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Damit hat der Gesetzgeber den im früheren Recht herrschenden Streit, ob die Soll-Beschaffenheit subjektiv nach den Parteivereinbarungen (sogen. subjektiver Fehlerbegriff) oder objektiv nach den im Verkehr vorherrschenden Auffassungen über die Qualität bestimmter Sachen (sogen. objektiver Fehlerbegriff) zu bestimmen ist, zu Gunsten des Vorranges des auch schon im früheren Recht herrschenden subjektiven Fehlerbegriffs entschieden. Welche Merkmale dabei alle unter den vom Gesetz benutzten Begriff der "Beschaffenheit" fallen sollen, hat der Gesetzgeber nicht abschließend entscheiden wollen:

"Der Begriff der "Beschaffenheit" soll nicht definiert werden. Insbesondere soll nicht entschieden werden, ob er nur Eigenschaften erfasst, die der Kaufsache unmittelbar physisch anhaften, oder ob auch Umstände heranzuziehen sind, die außerhalb der Sache selbst liegen" (BT-Drucks. 14/6040, S. 213).

Die Entscheidung dieser Frage hat der Gesetzgeber demnach Rechtsprechung und Lehre überlassen. Als kleinster gemeinsamer Nenner hierzu hat sich inzwischen die Überzeugung herauskristallisiert, man müsse den Begriff der Beschaffenheit möglichst weit verstehen, um dem gesetzgeberischen Anliegen der weitestgehenden Beseitigung von Abgrenzungsproblemen zwischen Sachmängelgewährleistungsrecht und allgemeinem Leistungsstörungsrecht gerecht zu werden. Ob man bei diesem großzügigen Verständnis des Beschaffenheitsbegriffs wirklich so weit gehen soll, auf jeden Bezug des vereinbarten Merkmales zur Kaufsache zu verzichten (in diese Richtung gehen die Ausführungen von Malzer, in: Hoeren/Martinek, Systematischer Kommentar zum Kaufrecht, § 434 Rdnrn. 14 ff.), ist zwar noch offen, im Ergebnis aber nicht zu befürworten, da dem der Gesetzeswortlaut "Sachmangel" entgegensteht und insoweit angesichts des Eingreifens des allgemeinen Leistungsstörungsrechts kein praktisches Bedürfnis für eine solch extreme Ausweitung des Beschaffenheitsbegriffs besteht (a.A. mit beachtlichen Erwägungen Berger, JZ 2004, 276). Es ist daher damit zu rechnen, dass sich ein etwas engeres Verständnis durchsetzen wird, wonach zur (Sach-)Beschaffenheit alle Eigenschaften, die der Sache anhaften und jeder tatsächliche, wirtschaftliche oder rechtliche Umstand, der in ihr wurzelt oder auf sie Bezug hat, gehören (Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnrn. 10 und 14; Saenger, in: Handkommentar zum BGB, § 434 Rdnr. 9). Völlig außerhalb der Sache liegende Umstände, die etwa alleine in der Person des Käufers wurzeln, bleiben mithin auch weiterhin dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht vorbehalten (Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnr. 11).

Damit ein so verstandenes Beschaffenheitsmerkmal zum Inhalt der Soll-Beschaffenheit wird, müssen die Parteien es vereinbart haben. Eine solche Vereinbarung muss nicht ausdrücklich geschlossen werden. Dies wird wohl auch in der Praxis eher selten vorkommen. Im Rechtsalltag wird daher die konkludent (stillschweigend) zustande gekommene Beschaffenheitsvereinbarung im Vordergrund stehen. Eine solche kann man etwa bejahen, wenn der Verkäufer die Eigenschaften der Ware beschreibt und der Käufer - für den Verkäufer erkennbar - auf der Grundlage dieser Beschreibung seine Kaufentscheidung trifft oder wenn der Käufer dem Verkäufer gegenüber zum Ausdruck bringt, welche Eigenschaften er erwartet und der Verkäufer ihm daraufhin, ohne auf diese Ausführungen des Käufers ausdrücklich einzugehen, eine Sache verkauft (vgl. Saenger, in: Handkommentar zum BGB, § 434 Rdnr. 8). Kein Raum für eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung ist lediglich dann, wenn der Kaufvertrag (z.B. nach § 311b Abs. 1 BGB) formbedürftig ist. In diesem Fall muss auch die Beschaffenheitsvereinbarung (z.B. die Beschreibung der Kaufsache) formgerecht zustande gekommen sein, beim Grundstückskaufvertrag also etwa mit beurkundet sein. Ist dies nicht der Fall, kommt aber meist noch eine Heilung des Formmangels durch Erfüllung in Betracht (beim Grundstückskauf etwa nach § 311b Abs. 1 S. 2 BGB), die sich dann auch auf die Beschaffenheitsvereinbarung erstreckt (Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnr. 18).

Die Beschaffenheitsvereinbarung kann sich auf beliebig viele Eigenschaften beziehen. Entscheidend ist nur, dass die jeweiligen Eigenschaften hinreichend bestimmt waren und auch von den Parteien verbindlich gemeint waren. Erkennbar scherzhaft gemeinte und übertriebene Anpreisungen (etwa nach der Art des "Hamburger Fischmarktes") scheiden demnach als Gegenstand der Beschaffenheitsvereinbarung ebenso aus wie bloße Wertungen ("Der Pullover ist topmodern").  Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass Beschaffenheitsvereinbarungen bei unklaren Formulierungen nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB nach dem Horizont des jeweiligen Erklärungsempfängers nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auszulegen sind (Malzer,: Martinek/Hoeren, Systematischer Kommentar zum Kaufrecht, § 434 Rdnr. 20).   

Seitenanfang (2184 Byte)

© Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann. 
Bei Fragen und Unklarheiten wenden sich meine Studenten bitte an:
Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann.
Eulerechtsklein.gif (984 Byte)