Aber auch außerhalb kollektiver Vor- und Nachsorgesysteme ist anderen als Ausgleichszwecken mit Skepsis zu begegnen. Ruft man sich in Erinnerung, daß neben der Unrechtshaftung die Haftung für gefährliches, aber erlaubtes Tun, die Haftung für in Anspruch genommenes Vertrauen, Risikohaftungen und Haftungen für rechtmäßige Eingriffe in Lebens- und Vermögensgüter anderer stehen, wird jeder Gedanken an Sanktion, Buße und Sühne durch Schadensersatz absurd. Nicht besser steht es um die Genugtuung (Köndgen Haftpflichtfunktionen und Immaterialschaden, 1976, S. 83 ff.). Die Befriedigung von persönlichen Vergeltungs- und Rachebedürfnissen kann die Aufweichung der Schadensrechtskonturen nicht rechtfertigen. Allein das Präventionsziel ist erwägenswert. Denn es kann praktisch Funktion einer jeden Zurechnungsnorm sein, wenn nur das Zurechnungssubjekt in der Lage ist, die potentielle Ersatzpflicht in sein Handlungskalkül einzubeziehen und seine Entscheidungen danach einzurichten, ob eine Schadensverhütung für es billiger ist als ein Schadensersatz. Taugliche Adressaten einer derartigen Zielfunktion sind aber allein planungsfähige Subjekte, nicht Individuen, sondern vornehmlich organisierte Wirtschaftseinheiten.
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