Schadensrecht
Alternativkommentar BGB
vor § 249 Randnummer 20

6. Prävention und Verbraucherschutz

Vor diesem Hintergrund gewinnen Vorschläge an Plausibilität, die im Anschluß an amerikanische Erfahrungen das Schadensrecht zusammen mit dem Ausbau von Klagebefugnissen in den Dienst einer umfassenden Verbraucherschutzkonzeption stellen wollen (Steindorff ZHR 138 (1974), 504). Im Rahmen der auf individualisierbare Anspruchsträger ausgerichteten Ausgleichskonzeption des BGB bleiben Verletzungen von Wettbewerbs-, Umwelt- und Verbraucherschutznormen häufig sanktionslos, weil sie entweder gar nicht zu konkret berechenbaren individuellen Schäden führen oder aber die atomisierten Einzelschäden so gering sind, daß von ihnen kein Anreiz zu privater Klageinitiative ausgeht. Damit besteht die Gefahr, daß eine vom Gesetzgeber intendierte Verhaltenssteuerung (Prävention) nicht erreicht und die geschaffenen Verhaltensregeln funktionslos werden. Hier bieten sich die Ausgleichskonzeption überwindende Pauschalierungen und die Einräumung kollektiver Rechtsverfolgungsmöglichkeiten an (vgl. Mertens ZHR 139 (1975), 438). Es bleibt indessen die Frage, warum gerade der beim Verletzer von Wettbewerbsregeln soll liquidieren können, dem ein nachweisbarer rechnerischer Verlust nicht entstanden ist. Verbraucherverbände mögen zwar mit Hilfe der zugesprochenen Schadensersatzansprüche die Kosten ihrer Tätigkeit decken, die man im Hinblick auf die öffentlichen Ziele für wünschenswert hält. Die Entlohnung privater Initiative für wettbewerbspolizeiliche Tätigkeit entfernt sich jedoch von der Schadensrechtskonzeption des BGB so weit, daß wegen der komplizierten Zusammenhänge und weitreichenden Folgen der Gesetzgeber und nicht die Rechtsprechung zum Handeln berufen ist (vgl. Reich ZRP 1978, 100). Nach geltendem Recht können deshalb auch Präventionsziele allein im Rahmen der Ausgleichsfunktion zum Tragen kommen.


zurück vorherige Randnummer vor nächste Randnummer