Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
§ 286 Randnummer 29

Das Institut des Anscheinsbeweises ist bei einer derartig flexibel gehandhabten Überzeugungsbildung an sich überflüssig (ebenso Musielak/Stadler RN 182). Zwar wirkt es einerseits als Vehikel einer als notwendig empfundenen Beweiserleichterung. Andererseits verengen die zu Stereotypen geronnenen Formeln von der Typizität des Geschehens und der ernsthaften Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs in der Praxis häufig den Blick für die Notwendigkeit von Beweiserleichterungen auch in solchen Situationen, die als nicht typisch empfunden werden (ähnlich Walter S. 206 ff.). Entscheidend ist nicht das häufige Vorkommen bestimmter Situationen. Entscheidend ist, ob in der je angetroffenen, auch ganz besonderen Lage ein hinreichend gestützter Erfahrungssatz existiert, der die festgestellten Merkmale mit dem gesuchten Merkmal verbindet. Wie sicher der Schluß sein muß, um eine Überzeugung begründen zu dürfen, ist dann eine Frage, die nach den oben skizzierten Grundsätzen entschieden werden sollte. Das Problem stellt sich bei jedem mittelbar geführten Beweis. Ein Unterschied zum allgemeinen Indizienbeweis besteht nicht (Gottwald S. 202).


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Gesetzestext