2. Vernehmungsphase
a) Bei der Vernehmung zur Sache soll der Zeuge das, was ihm von dem Gegenstand seiner Vernehmung bekannt ist, zunächst im Zusammenhang angeben (§ 396 Abs. 1). Das Gebot ist vernehmungspsychologisch sinnvoll, weil ein derartiger spontaner Zeugenbericht nicht durch Fragen des Gerichts oder der anderen Prozeßbeteiligten beeinflußt und verfälscht wird. Dieser Vorteil wiegt den möglichen Nachteil, eine auswendig gelernte Phantasiegeschichte aufgetischt zu bekommen, schon deshalb auf, weil man die Phantasiegeschichte regelmäßig im späteren Verhör zerpflücken kann, wenn man sich mit den Grundlagen der Aussagepsychologie vertraut gemacht hat. Den Zeugen zum zusammenhängenden Bericht anzuhalten, ist zwar sinnvoll, aber häufig auch dann nicht erfolgreich, wenn der Zeuge ausgeschlafen zum Termin erscheint, keine Wartezeiten in Kauf nehmen muß und in der Einführungsphase zur Mitarbeit motiviert wird. Der zusammenhängende Zeugenbericht ist eine intellektuelle Leistung, die die Leistungsfähigkeit vieler Zeugen übersteigt. Darum wird ein solcher Bericht häufig ausgesprochen mager ausfallen. Er muß, um überhaupt verwertbar zu sein, schon bald durch Fragestellungen des Gerichts ergänzt werden. Diese Fragestellungen leiten über in die Phase des Verhörs, in der mit den Steuerungsmöglichkeiten des Fragestellers auch die Verfälschungsmöglichkeiten steigen. Noch zur Unterstützung eines zusammenhängenden Berichts kann man in geeigneten Fällen den Zeugen auch bitten, seine Darstellung anhand vorliegender Pläne oder mithilfe einer noch zu erstellenden Skizze zu erläutern. Es sollte darum in jedem Verhandlungsraum eine Tafel für diesen Zweck zur Verfügung stehen.
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