Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 373 Randnummer 22

Die interne Repräsentation bedeutet deshalb keine objektiv getreue Abbildung externer Ereignisse, sondern deren Zuordnung zu internen Erregungszuständen. Die Menge der internen Erregungszustände spezifiziert die Menge der repräsentierbaren externen Ereignisse. Über allem steht das allen lebenden Organismen gemeinsame Ziel nach dem Überleben im Gleichgewicht. Aus der Unterordnung auch der bewußten Wahrnehmung unter dieses Ziel erklären sich sowohl die Aufmerksamkeitsausrichtung als auch das Streben nach einem stimmigen Weltbild, welches sensorische Daten unterdrücken und ergänzen und - wegen des größeren Aufwandes seltener - zum Anlaß für eine Umstrukturierung des Weltbildes nehmen kann. ,,In der Tat ist die Untersuchung der Wahrnehmung weitgehend die Untersuchung dessen, was hinzugefügt oder abgezogen werden muß von den rohen Sinnesdaten, um unser Bild von der Welt zu erzeugen" (Berelson/Steiner S. 61). ,,Die Optimalisierung des Wahrnehmungsprozesses besteht nicht darin, die objektive ,,Wahrheit", die physikalische ,,Realität", wiederzugeben, sondern darin, eine ,,Sinneswahrheit" zu erzeugen, welche eine Klasse von erfolgreichen Verhaltensweisen vorwegnimmt" (Hajos S. 114). Der angedeutete Verarbeitungsprozeß sensorischer Erregungen ist zwar die Quelle von Wahrnehmungsfehlleistungen, er führt aber auch zu durchaus nützlichen Uminterpretationen, Ergänzungen und Harmonisierungen von sensorischen Daten. Man denke nur an die vielfältigen mit den sensorischen Informationen nicht übereinstimmenden Konstanzleistungen (Größenkonstanz, Gestaltkonstanz), die uns einen Gegenstand in unterschiedlichen Entfernungen entgegen der sensorischen Basis als gleich groß oder einen Kreis auch aus verzerrter Perspektive nicht als Ellipse, sondern als Kreis wahrnehmen lassen, wie an die Ökonomie der vollständigen Gestaltwahrnehmung und Wiedererkennung auf Grund weniger bruchstückhafter Sinnesdaten (vgl. zu den Konstanzleistungen Hochberg S. 64 ff.; zu den Ordnungsgesetzen der Gestalttheorie Hochberg S. 109 ff.; Berelson/Steiner S. 72 ff.).


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