Beweisrecht
Alternativkommentar ZPO
vor § 373 Randnummer 7

D. Die Wahrheitsfrage

Wird etwas bekundet, was für die Entscheidung des Rechtsstreits relevant ist, so stellt sich die Wahrheitsfrage, genauer: die Frage, ob der Zeuge das erlebt hat, was er bekundet, und ob er weder einem Wahrnehmungsirrtum noch einem Erinnerungsirrtum unterliegt. Es gehört zu den schwierigsten Aufgaben des Richters, Kriterien für die korrekte Beantwortung dieser Frage zu entwickeln und zu handhaben. In der Entwicklung der Kriterien steht ihm die Aussagepsychologie zur Seite. Sie ist ihm darin auch überlegen, weil selbst jahrelange Praxiserfahrung eines Einzelnen nicht die systematische Auswertung vielfältiger Erfahrungen durch die Forschungsgemeinde ersetzt. Bei der Handhabung der Kriterien steht der Richter jedoch überwiegend allein, weil er im prozessualen Alltag nicht für jede Zeugenaussage ein Glaubwürdigkeitsgutachten von einem dazu qualifizierten Sachverständigen einholen kann. Hier hilft tatsächlich nur die von den Erkenntnissen der Aussage- und Venehmungspsychologie geleitete jahrelange praktische Erfahrung (die folgende Darstellung stimmt zum Teil wörtlich mit meinen Ausführungen in der Festschrift für Wassermann überein).


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