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Hinterlegung und SelbsthilfeverkaufDie Hinterlegung eröffnet dem Schuldner die Möglichkeit, sich von seiner Leistungspflicht auch dann zu befreien, wenn er an der Erfüllung gehindert ist, weil z.B. der Gläubiger die ihm angebotene Leistung nicht annimmt oder der Schuldner aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht genau weiß, wer eigentlich sein Gläubiger ist. § 372 Satz 1 räumt dem Schuldner diese Möglichkeit jedoch nur ein, wenn er einen hinterlegungsfähigen Gegenstand schuldet. Hinterlegungsfähig sind Geld, Wertpapiere (z.B. Wechsel), Urkunden (z. B. Sparbuch) und Kostbarkeiten. Dabei versteht man unter Kostbarkeiten bewegliche Sachen, deren Wert im Vergleich zu ihrem Umfang und ihrem Gewicht besonders hoch ist. Allerdings lässt das Gesetz den Schuldner auch bei nicht hinterlegungsfähigen Sachen nicht im Stich, sondern ermöglicht ihm vielmehr in diesem Fall, die geschuldete Sache versteigern zu lassen und den Erlös der Versteigerung dann zu hinterlegen (§ 383 Abs. 1 Satz 1 BGB). Man spricht dann von einem Selbsthilfeverkauf, der nach § 383 Abs. 3 BGB grundsätzlich im Wege der öffentlichen Versteigerung und nach § 385 BGB nur ausnahmsweise bei Sachen mit einem Börsen- oder Marktpreis im Wege freihändigen Verkaufs durchzuführen ist. Die Hinterlegung führt aber nicht in jedem Fall zum Erlöschen der Verbindlichkeit des Schuldners, sondern nur dann, wenn der Schuldner bei der Hinterlegung gemäß § 376 Abs. 2 Nr. 1 BGB erklärt, dass er auf sein nach § 376 Abs. 1 BGB bestehendes Rücknahmerecht verzichtet (§ 378 BGB). Nur in diesem Fall ist die Hinterlegung also ein Erfüllungssurrogat. Hat der Schuldner bei der Hinterlegung nicht gemäß § 376 Abs. 2 Nr. 1 BGB auf sein Rücknahmerecht verzichtet, dann besteht der zu tilgende Anspruch des Gläubigers weiter. Allerdings ist auch die widerrufliche Hinterlegung nicht nutzlos. Sie führt zur vorläufigen Schuldbefreiung. Die vorläufige Schuldbefreiung bei widerruflicher Rücknahme lässt sich damit begründen, dass es der Gläubiger selbst in der Hand hat, die Hinterlegung durch Erklärung der Annahme gegenüber der Annahmestelle gemäß § 376 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwiderruflich zu machen. Was bedeutet aber nun vorläufige Schuldbefreiung? Hiermit ist in erster Linie gemeint, dass die rechtmäßige Hinterlegung dem Schuldner das Recht gibt, den Gläubiger auf die hinterlegte Sache zu verweisen (§ 379 Abs. 1 BGB). Bei dieser Befugnis handelt es sich um ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht (dilatorische Einrede), das der Schuldner einredeweise geltend machen muss. Bereits das Bestehen dieser Einrede hindert, dass der Schuldner in Verzug gerät. Während der Dauer der Hinterlegung kann der Schuldner somit nicht in Verzug geraten. Des Weiteren führt die rechtmäßige widerrufliche Hinterlegung dazu, dass der Gläubiger für die Zeit der Hinterlegung die Gefahr des Untergangs oder der Verschlechterung der Sache trägt. Dies bedeutet, dass der Gläubiger auch dann zur Gegenleistung verpflichtet bleibt, wenn die Sache während der Hinterlegung zerstört oder verschlechtert wird. Nimmt der Schuldner die widerruflich hinterlegte Sache zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt (§ 379 Abs. 3 BGB). Dabei ist das Rücknahmerecht des § 376 Abs. 1 BGB nach allgemeiner Ansicht ein Gestaltungsrecht, durch dessen Ausübung der Schuldner die Hinterlegung widerrufen kann. Der Widerruf der Hinterlegung wandelt das - wegen der gesetzlichen Ausgestaltung in der Hinterlegungsordnung öffentlichrechtliche - Hinterlegungsverhältnis in ein Abwicklungsverhältnis um und ist gegenüber der Hinterlegungsstelle und nicht etwa gegenüber dem Gläubiger zu erklären. Hat der Schuldner die Hinterlegung wirksam widerrufen, so erwirbt er nach allgemeiner Ansicht einen öffentlichrechtlichen Herausgabeanspruch gegen die Hinterlegungsstelle. Im Verhältnis der Parteien zueinander fallen die Kosten der Hinterlegung dem Gläubiger zur Last, es sei denn, der Schuldner nimmt die hinterlegte Sache zurück (§ 381 BGB). Die §§ 372 ff. BGB regeln allerdings lediglich die materiellrechtlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Hinterlegung. Die verfahrensrechtliche Regelung für das öffentlichrechtliche Hinterlegungsverfahren ist in der Hinterlegungsordnung geregelt (Schönfelder Nr. 121). § 1 Abs. 2 der Hinterlegungsordnung bestimmt, dass die Amtsgerichte die Aufgaben der Hinterlegungsstellen wahrnehmen. |
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