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Bewegliche SachenDer Verkäufer ist gemäß § 433 BGB verpflichtet, Eigentum zu verschaffen. Diese Eigentumsverschaffung (Übereignung) richtet sich nach den sachenrechtlichen Vorschriften zur rechtsgeschäftlichen Übertragung des Eigentums (beachte: Neben den Vorschriften zur rechtsgeschäftlichen Übereignung gibt es auch nicht rechtsgeschäftliche Erwerbstatbestände, wie z.B. die Erbschaft gemäß § 1922 BGB oder die Verbindung und Vermischung gemäß §§ 947, 948 BGB). Vorangestellt sei der Hinweis, dass die Regeln für den rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb unterschiedlich ausgestaltet sind, je nachdem ob bewegliche Sachen oder Grundstücke den Gegenstand der Übereignung bilden. Im Folgenden werden zunächst überblicksartig die Vorschriften bzgl. der Mobilien dargestellt. § 929 S. 1 BGB regelt den Grundtatbestand der Übereignung beweglicher Sachen. Er verlangt ein rechtsgeschäftliches Element in Form der (dinglichen) Einigung und ein tatsächliches Element in Form der Übergabe. Die Einigung ist das notwendige Element jeder Übereignung. Die Übergabe kann durch Übergabesurrogate (dazu gleich) ersetzt werden. Die Einigung ist ein Vertrag (sog. dinglicher Vertrag), auf den die Vorschriften des Allgemeinen Teils (Erstes Buch des BGB) Anwendung finden, so z.B. die Vorschriften über die Rechts- und Geschäftsfähigkeit. Einigung und Übergabe müssen nicht notwendig zusammenfallen, jedoch müssen für eine Übereignung beide Akte vollzogen sein. Lebhaft umstritten ist die Frage, ob bereits die Einigung als solche bindend ist. Die herrschende Meinung verneint diese Frage, wobei sie zum einen auf den Wortlaut des § 929 S. 1 BGB ("... übergibt und beide darüber einig sind ..."), zum anderen auf die Parallele im Immobiliarsachenrecht zu § 873 Abs. 2 BGB verweist. Ein Grund, bewegliche Sachen anders zu behandeln als Grundstücksrechte, liegt nicht vor (m.w.N.: Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Auflage, § 5 III 2 b (Rdnr. 36 f.), § 51 B II (Rdnr. 11)). Das mag zwar verblüffen, erklärt sich aber dadurch, dass der dinglichen Einigung jegliches schuldrechtliche Moment fehlt.
Weiterhin muss die Einigung dem sachenrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen, d.h. die Einigung muss sich auf bestimmte Sache beziehen (Einzelheiten gehören ins Sachen- und Kreditsicherungsrecht, z.B.. Baur/Stürner, Sachenrecht, 17.Auflage, § 51 B I 2 (Rdnr. 8 ) m.w.N.). Schließlich muss die Einigung von einem verfügungsbefugten Veräußerer ausgehen. Das Eigentum kann nur übergehen, wenn die Einigung von dem Verfügungsbefugten getroffen wird. Dies wird regelmäßig der Eigentümer sein, die Verfügungsbefugnis kann aber auch einem Dritten zustehen, so z.B. im Falle der Insolvenz, § 80 InsO: Anstelle des Rechtsinhabers ist der Insolvenzverwalter zur Verfügung befugt (vgl. zur Verfügungsbefugnis: M. Wolf, Sachenrecht, Rdnr. 312 ff). Zur Einigung muss die Übergabe treten. Die Übergabe ist die Übertragung des Besitzes vom Veräußerer auf den Erwerber. Dadurch wird die Rechtsänderung nach außen erkennbar gemacht (Publizität). Die Übergabe ist erst vollzogen, wenn die Erwerberseite den alleinigen Besitz hat und auf der Veräußererseite kein Rest von Besitz mehr besteht. Die Einräumung von Mitbesitz genügt dagegen nicht. Der Eigentümer muss den Besitz in jeder Weise verlieren; behält er mittelbaren Besitz, so bleibt nur eine Übereignung nach §§ 929 S. 1, 930 BGB möglich. In einer modernen Wirtschaft kann man den Begriff der Übergabe aber nicht darauf beschränken, dass der Veräußerer die Sache aus seiner Hand direkt in die Hand des Erwerbers gibt. Vielmehr müssen auch Dritte als Hilfspersonen auf Seiten des Eigentümers und des Erwerbers tätig werden können. So können an der Übergabe Dritte auf beiden Seiten als Besitzdiener (§ 855 BGB) beteiligt werden: Beispiel: Händigt V die von K gekaufte Sache nicht diesem selbst, sondern dessen Fahrer F aus, so liegt darin eine Übergabe an K, weil F nur Besitzdiener gemäß § 855 BGB ist und K deshalb unmittelbarer Besitzer wird. K wird gemäß § 929 S. 1 BGB Eigentümer, wenn gleichzeitig die dingliche Einigung mit V besteht. Diese dingliche Einigung konnte zuvor zwischen V und K getroffen worden sein, sie kann aber auch zwischen V und F als Vertreter des K (§ 164 BGB) zustande gekommen sein. Aber auch Besitzmittler (§ 868 BGB) können auf beiden Seiten des Erwerbstatbestandes eingesetzt werden:
Im Interesse der Rationalisierung und Vereinfachung von mehrgliedrigen Lieferbeziehungen ist man sogar noch einen Schritt weiter gegangen und verzichtet darauf, dass Veräußerer und Erwerber (mittelbaren) Besitz an der Sache haben müssen. Es genügt für die Übergabe, wenn ein Dritter auf Geheiß des Veräußerers übergibt, bzw. die Sache auf Geheiß des Erwerbers einem Dritten übergibt (sog. Geheißerwerb, Streckengeschäft, vgl. dazu: Baur/Stürner, Sachenrecht, 17. Auflage, § 51 C II 2 (Rdnr. 17) m.w.N.).
Eine einzige Lieferung führt hier zu mehreren Eigentumsübertragungen (die bei K und E für gerade einmal eine juristische Sekunde reichen) und muss überdies mehrere schuldrechtliche Verkäuferpflichten zum Erlöschen bringen. Das wirft die Frage auf, wie man sich die verschiedenen Einigungen zu denken hat und wie die für das Erlöschen erforderlichen Tilgungsbestimmungen "transportiert" werden. Zur Einigung gibt V im Verhältnis zu K die eigene und als Vertreter oder Bote die Erklärung des K ab. Im Verhältnis zu K und E ist V Vertreter des K und Z Vertreter des E, und im Verhältnis zu E und Z ist V Vertreter des E und Z gibt die Erklärung für sich ab. Mit den vom Schuldner dem Gläubiger gegenüber zu erklärenden Tilgungsbestimmungen verhält es sich wie folgt: V übermittelt seine Tilgungsbestimmung dem Z als Empfangsboten des K. Die Tilgungsbestimmung des K gegenüber E sieht V als Erklärungsboten des K und Z als Empfangsboten des E. An der Tilgungsbestimmung des E gegenüber Z ist V als Erklärungsbote des E beteiligt. Die Übergabekann auch ersetzt werden. Wir sprechen dann von Übergabesurrogaten. Ist der Erwerber bereits im Besitz der Sache, dann genügt nach § 929 S. 2 BGB die bloße Einigung über den Eigentumsübergang (brevi manu traditio). Nach § 930 BGB kann die Übergabe der Sache dadurch ersetzt werden, dass Eigentümer und Erwerber ein Besitzmittlungsverhältnis (Besitzkonstitut gemäß § 868 BGB) vereinbaren, aufgrund dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt. Von dieser Möglichkeit wird insbesondere Gebrauch gemacht, wenn der Veräußerer die Sache nach Übertragung des Eigentums noch weiter besitzen will (z.B. bei der Sicherungsübereignung). Gäbe es § 930 BGB nicht, müsste der Eigentümer zunächst den Besitz vollständig aufgeben und auf den Veräußerer übertragen, um ihn dann anschließend von diesem zurückzuerhalten. Schließlich gestattet es § 931 BGB, anstelle der Übergabe die Abtretung des Herausgabeanspruchs gegen einen Dritten treten zu lassen. Diese Möglichkeit bietet sich an, wenn der Eigentümer nicht unmittelbarer Besitzer ist, er die Sache z.B. einem Dritten vermietet hat (§§ 535, 546 BGB). Wie stellt sich die Rechtslage dar, wenn der Verfügende gar nicht der Eigentümer ist, mit anderen Worten die "Verfügung eines Nichtberechtigten" vorliegt, also z.B. der Nichteigentümer A eine Sache des B an einen Dritten veräußert? Zum einen kann die Übereignung unmittelbar gemäß § 929 BGB (als Verfügung des Berechtigten) wirksam sein, wenn die Voraussetzungen des § 185 BGB vorliegen. In den anderen Fällen kann ein gutgläubiger Erwerb nach den §§ 932 ff. BGB vorliegen. Diese Vorschriften beziehen sich auf die Erwerbstatbestände der §§ 929 bis 931 BGB, und zwar § 932 Abs. 1 S. 1 BGB auf die Übereignung gemäß § 929 S. 1 BGB, § 932 Abs. 1 S. 2 BGB auf § 929 S. 2 BGB, § 933 BGB auf die Übereignung gemäß §§ 929 S. 1, 930 BGB und schließlich § 934 BGB auf die Übereignung gemäß §§ 929 S. 1, 931 BGB. Die §§ 932 ff. BGB ersetzen nur das fehlende Eigentum des Veräußerers, ansonsten müssen die übrigen Merkmale des jeweiligen Erwerbstatbestandes erfüllt sein. Auch der gutgläubige Erwerb ist Eigentumserwerb, mit dem die Verkäuferpflichten erfüllt werden. Dem Käufer, der "nur" gutgläubig erwirbt, stehen keinerlei Rechte wegen eines "Erwerbsmakels" zu. Voraussetzung des gutgläubigen Erwerbs ist in allen Fällen der gute Glaube des Erwerbers. Was damit gemeint ist, bestimmt § 932 Abs. 2 BGB. Der Erwerber ist gutgläubig, wenn er nicht weiß, dass der Veräußerer nicht der Eigentümer ist und diese Unkenntnis auch nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht. Grobe Fahrlässigkeit iSd § 932 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maß verletzt wurde, wenn ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte. Bei der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung, die das gewöhnliche Maß der Fahrlässigkeit des § 276 I BGB erheblich übersteigt (BGH, NJW 1994, 2093 (2094)). Zur Vollendung des gutgläubigen Erwerbs muss eine bestimmte in den §§ 932 ff. BGB genauer beschriebene Besitzlage des nichtberechtigt Verfügenden hinzukommen, die einen Rechtsschein für seine Berechtigung schafft. Merke: Die §§ 932 ff. BGB helfen nur über das fehlende Eigentum hinweg. Wer ohne Fahrlässigkeit an die Verfügungsbefugnis des Veräußernden (z.B. nach § 185 BGB) oder an dessen Geschäftsfähigkeit glaubt, wird von §§ 932 ff. BGB nicht geschützt. Allenfalls im Handelsrecht wird der gute Glaube an die Verfügungsbefugnis geschützt, § 366 HGB. Schließlich ist der gutgläubige Erwerb ausgeschlossen, wenn die Sache gemäß § 935 BGB abhanden gekommen ist. Abhandengekommen ist eine Sache, wenn der unmittelbare Besitzer sie ohne (nicht notwendig gegen) seinen Willen verloren hat. Kein Abhandenkommen ist der unfreiwillige Verlust des mittelbaren Besitzes. Hat der Eigentümer einem anderen seine Sache vermietet, also den unmittelbaren Besitz freiwillig auf diesen übertragen, und veräußert der nun unmittelbar besitzende Mieter die Sache an einen gutgläubigen Dritten, dann verliert der Eigentümer sein Eigentum, denn der unfreiwillige Verlust des mittelbaren Besitzes macht die Sache nicht zu einer abhanden gekommenen iSd § 935 BGB, wie sich aus § 935 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt (Musielak, GK BGB, Rdnr. 560). Die hinter § 935 BGB steckende Grundidee ist die, das nur derjenige mit dem Verlust seines Eigentums kraft gutgläubiger Erwerbs bedroht ist, der seinerseits durch freiwillige Besitzherausgabe mit dazu beigetragen hat, dass ein besitzgegründeter Rechtsschein entstehen konnte. Aus Gründen der Verkehrs- und Umlauffähigkeit macht § 935 Abs. 2 BGB hiervon eine Ausnahme u.a. für Geld und Inhaberpapiere. An ihnen ist gutgläubiger Erwerb auch dann möglich, wenn sie dem Eigentümer abhanden gekommen sind. |
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