|
Die VertragsannahmeDie Annahme eines Angebotes erfolgt durch eine an den Antragenden gerichtete, grundsätzlich empfangsbedürftige Willenserklärung. Der Inhalt einer Annahmeerklärung besteht in einer einschränkungslosen Bejahung des Antrages. Erfolgt die "Annahmeerklärung" dagegen unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen, so gilt diese Erklärung gemäß § 150 Absatz 2 BGB als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag. § 150 Absatz 2 macht damit deutlich, dass die Annahme inhaltlich mit dem Antrag übereinstimmen muss. Ob dies der Fall ist, muss durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB) sowohl des Antrags wie der auf ihn folgenden Willenserklärung der anderen Partei ermittelt werden. Dies wird in Lehrbüchern häufig am Beispiel der Bestellung einer vom Angebot abweichenden Warenmenge diskutiert. Bestellt die auf das Angebot antwortende Partei weniger als in dem Antrag angeboten wurde, so hängt es alleine von der Auslegung des Vertragsangebotes ab, ob diese Willenserklärung eine Annahme darstellt. Ist dem Angebot nämlich zu entnehmen, dass die in ihm genannte Menge lediglich eine Höchstmenge darstellen sollte, dass der Antragende aber auch mit jeder Annahme, die unter dieser Höchstmenge bleibt, einverstanden ist, dann kommt auch durch die Bestellung einer geringeren als der im Angebot genannten Warenmenge ausnahmsweise ein Vertrag zu Stande. Bestellt der Antragsempfänger dagegen eine größere als die im Angebot genannte Menge, so entscheidet die Auslegung der "Bestellung" darüber, ob diese zum Vertragsschluss führt. Dies ist dann der Fall, wenn die Erklärung "teilbar" ist, d.h. wenn man ihr entnehmen kann, dass sie als mit einem Angebot über die Restmenge verbundene Annahmeerklärung zu verstehen ist. Die Annahme kann als Willenserklärung wie das Angebot auch konkludent erklärt werden. Dabei braucht die Annahme nicht einmal gegenüber dem Antragenden erklärt zu werden, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat (§ 151 Satz 1 BGB). Unter den Voraussetzungen des § 151 Satz 1 BGB ist also die Annahmeerklärung ausnahmsweise nicht empfangsbedürftig. Dies macht es möglich, dass die Annahme durch Erfüllungs-, Aneignungs- oder Gebrauchshandlungen erklärt werden kann. Eine Annahme durch eine Erfüllungshandlung kommt z.B. dann in Betracht, wenn das Versandunternehmen auf eine Bestellung eines Kunden hin, die an den Besteller adressierte Ware zur Post aufgibt oder wenn der Hotelbesitzer auf eine kurzfristige, telegraphische Bestellung hin, den Gast in das Gästeverzeichnis einträgt und andere Gäste abweist. Im ersteren Fall greift § 151 Satz 1 BGB deshalb ein, weil im Versandhandel eine entsprechende Verkehrssitte besteht, im letzteren Fall, weil der Kunde, der so kurzfristig ein Hotelzimmer bestellt, konkludent auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichtet hat. Eine Annahme durch Aneignungs- oder Gebrauchshandlungen ist etwa anzunehmen, wenn der Empfänger unbestellt zugesandter Waren, diese in Gebrauch nimmt ,z.B. indem er seinen Namen in ein zugesandtes Buch schreibt und es liest (vgl. dazu den Fall "Unbestellte Ware"). Die Vertragsannahme durch Aneignungs- oder Gebrauchshandlungen wird daher in erster Linie bei Realofferten in Betracht kommen. Einer Realofferte wird man regelmäßig auch einen konkludent erklärten Verzicht auf den Zugang der Annahme im Sinne des § 151 Satz 1 2. Alt. BGB entnehmen können. Die Rechtsnatur der nach § 151 Satz 1 BGB nicht empfangsbedürftigen Annahme ist streitig. Überwiegend wird in einer solchen Annahme eine ganz normale Willenserklärung gesehen, die eben nur nicht empfangsbedürftig ist. Damit ließen sich die obigen Beispiele der Annahme durch Erfüllungs-, Gebrauchs- oder Aneignungshandlungen ganz einfach als konkludente Willenserklärungen einordnen. Demgegenüber wird aber auch vertreten, bei der nicht empfangsbedürftigen Annahme handele es sich nicht um Willenserklärungen, sondern um davon zu unterscheidende "Willensbetätigungen". Dies wird damit begründet, dass die Willenserklärung ihrer Grundstruktur nach einen Kundgabezweck verfolge, während die Willensbetätigung lediglich durch Herstellung eines tatsächlichen Zustandes Rechtsfolgen herbeiführe, ohne dass es dabei auf die Willenskundgabe des Erklärenden ankomme. Diesem Streit kommt jedoch keine praktische Relevanz zu, da die Willensbetätigungen im Wesentlichen nach den gleichen Regeln wie die Willenserklärungen behandelt werden sollen. Vergegenwärtigt man sich noch einmal, dass eine Annahmeerklärung die vorbehaltlose Zustimmung zum Vertragsangebot erfordert, dann kann bei "sich überkreuzenden Anträgen" in keiner der Willenserklärungen eine Annahmeerklärung gesehen werden, auch wenn eine der Erklärungen der anderen zeitlich nachfolgt. So liegt es z.B. wenn A dem B einen Brief schreibt, in dem er ihm seinen Pkw für 10.000 Euro anbietet und B, ohne den Brief des A zu kennen, dem A schreibt, er wolle den Pkw des A für 10.000 Euro erwerben. Da in diesem Fall in keiner der Erklärungen die auf den Antrag der einen Partei Bezug nehmende Zustimmung der anderen Partei gesehen werden kann, kommt es hier nicht zum Vertragsschluss durch Angebot und Annahme. Es wird daher die Ansicht vertreten, dass bei inhaltlich übereinstimmenden sich überkreuzenden Willenserklärungen kein Vertrag zu Stande komme, da ein Vertragsschluss auf jeden Fall voraussetze, dass die Willenserklärungen der Parteien mit Bezug aufeinander abgegeben werden. Es genüge demnach für den Vertragsschluss nicht, dass die Erklärungen ohne Bezug nebeneinander herlaufen. Demgegenüber wird kritisch eingewandt, dass der Vertragsschluss lediglich zwei sich inhaltlich deckende Willenserklärungen der Parteien voraussetze. Für den Vertragsschluss durch sich überkreuzende, aber übereinstimmende Erklärungen komme es demnach nur darauf an, dass innerhalb der Annahmefrist der jeweiligen Anträge von der anderen Partei der Wille erklärt werde, die vertragliche Regelung in Geltung zu setzen. Ein zusätzliches Problem des Vertragsschlusses kann daraus resultieren, dass der Antragende nach der Abgabe der Willenserklärung stirbt. Man könnte annehmen, dass in diesem Fall eine Willenserklärung, die dem Empfänger noch nicht zugegangen ist, unwirksam wird. Das BGB hat in § 130 Abs. 2 aber genau das Gegenteil angeordnet: "Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird". § 130 Abs. 2 BGB ist seinem Wortlaut nach auch dann erfüllt, wenn der Erklärende Vorkehrungen getroffen hat, durch die der Zugang der Erklärung bewusst auf die Zeit nach seinem Tod hinausgeschoben wird. Die ganz herrschende Meinung belässt es denn auch grundsätzlich bei diesem Ergebnis und macht lediglich für den Fall des Widerrufes bestimmter bindend gewordener Verfügungen von Todes wegen (Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament nach §§ 2271 Abs. 1 Satz 1, 2296 BGB; Rücktritt vom Erbvertrag nach §§ 2293, 2296 BGB) eine Ausnahme (vgl. nur Roth, Andreas, NJW 1992, 791). Im Allgemeinen hindert also der Tod des Erklärenden das Wirksamwerden einer vor seinem Tode abgegebenen Erklärung mit deren Zugang nicht. Damit ist aber noch nicht gesagt, ob ein Vertragsangebot auch noch angenommen werden kann, wenn der Antragende nach der Abgabe der Willenserklärung gestorben ist. Dies hängt gemäß § 153 BGB vom Willen des Antragenden ab. Dabei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Angebot auch im Falle des zwischenzeitlichen Versterbens des Antragenden fortgelten soll, es sei denn, dass ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist. Dabei ist fraglich, was unter dem "Willen" des Antragenden zu verstehen ist. Davon hängt wiederum ab, wie dieser Wille zu ermitteln ist. Nach der herrschenden Meinung handelt es sich bei dem "Willen" im Sinne des § 153 BGB um den hypothetischen Willen des Antragenden (vgl. MüKo-Kramer, § 153 Rdnr. 3). Nach dieser Auffassung ist also aus den tatsächlichen Umständen (z.B. durch Befragung von Zeugen) zu ermitteln, ob der Antragende das Angebot auch dann hätte gelten lassen wollen, wenn er bei der Abgabe vorausschauend seinen Tod bedacht hätte. Da es bei dieser Betrachtungsweise nur auf den Willen des Erklärenden ohne Rücksicht darauf ankommt, ob dieser Wille für den Erklärungsempfänger auch erkennbar war, wird von den Vertretern dieser Auslegung dem Empfänger ein Ersatz des Vertrauensschadens analog § 122 BGB zugebilligt, wenn er im Vertrauen auf das Zustandekommen des Vertrages bereits Dispositionen getroffen hat, die sich im Nachhinein als nutzlos erweisen. Demgegenüber versteht eine beachtliche Mindermeinung unter dem "Willen" im Sinne des § 153 BGB den durch Auslegung der Willenserklärung nach §§ 133, 157 BGB zu ermittelnden normativen Willen des Erklärenden (vgl. so etwa MüKo-Kramer, § 153 Rdnr. 3). Danach müsste man den Willen danach ermitteln, ob der Empfänger der Erklärung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte entnehmen konnte, dass der Antragende die Erklärung auch für den Fall seines Todes aufrechterhalten wollte. Welcher Auffassung man sich letztlich auch anschließen will, so ist nach allen Auffassungen § 153 BGB jedenfalls zu entnehmen, dass man im Zweifel von der Annahmefähigkeit einer vor dem Tode des Erklärenden abgegebenen Willenserklärung auszugehen hat. Typische Beispiele eines beim Tode des Antragenden ausnahmsweise nicht annahmefähigen Antrages sind etwa Bestellungen für den persönlichen Bedarf oder Angebote persönlich zu erbringender Leistungen (Beispiel: Schlagersänger bietet einen Auftritt in einer Fernsehsendung an und verstirbt nach Absendung des Angebotes). |
|