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Leistungsmittler

Der Normalfall der Erfüllung ist dadurch gekennzeichnet, dass der Schuldner dem Gläubiger gegenüber die geschuldete Leistung erbringt. Neben den tatsächlichen Leistungserfolg müssen zwei weitere Voraussetzungen treten, um die Erfüllungswirkung herbeizuführen. Der Schuldner muss der Leistung eine Tilgungsbestimmung beigeben, und der Gläubiger (besser: die Person, die die Leistung in Empfang nimmt) muss über eine Empfangszuständigkeit verfügen. An diesen zusätzlichen Voraussetzungen ändert sich nichts, wenn wir die Fälle einer Leistungsmittlerschaft betrachten. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass eine dritte Person in den Erfüllungsvorgang eingeschaltet wird. Diese dritte Person ist zu unterscheiden von anderen Dritten, die mit der Begründung der Schuld und ihrer Erfüllung zu tun haben können: Stellvertretern, Boten, Erfüllungsgehilfen und Verrichtungsgehilfen. 

Stellvertreter und Boten haben ihre Aufgabe bei der Abgabe von Willenserklärungen. Der Stellvertreter gibt eine eigene Erklärung ab, die unter den Voraussetzungen des § 164 Abs. 1 BGB Rechte und Pflichten unmittelbar in der Person des Vertretenen entstehen lässt. Der Bote gibt keine eigene Erklärung ab, sondern übermittelt die Erklärung dessen, der ihn beauftragt hat. Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen haben nichts mit rechtsgeschäftlichen Erklärungen zu tun, sondern mit tatsächlichem Verhalten. Der Verrichtungsgehilfe wird dabei außerhalb einer vertraglichen Beziehung zwischen seinem Geschäftsherrn und der Person, mit der er im Zuge der Verrichtung in Kontakt kommt, tätig, während der Erfüllungsgehilfe in die Erfüllung der (vertraglichen) Verpflichtung des Geschäftsherrn gegenüber einem Vertragspartner des Geschäftsherrn einbezogen ist. Leistungsmittler können Erfüllungsgehilfen sein. Das Besondere an ihrer Stellung ist, dass sie aus eigenen Mitteln dem Gläubiger des Schuldners die vom Schuldner geschuldete Leistung zur Verfügung stellen.

Man pflegt bei einer Leistungsmittlerschaft drei Beziehungen bzw. Verhältnisse voneinander zu unterscheiden: das Zuwendungsverhältnis, das Valutaverhältnis und das Deckungsverhältnis. Ein typisches Beispiel für eine Leistungsmittlerschaft finden wir bei der Überweisung im bargeldlosen Zahlungsverkehr. Hier nimmt die Bank die Rolle des Leistungsmittlers ein. Sie wendet dem Gläubiger des Schuldners das Geschuldete zu, ohne selbst dem Gläubiger gegenüber verpflichtet zu sein. Das Verhältnis zwischen der Bank und dem Gläubiger nennt man das Zuwendungsverhältnis. Das Valutaverhältnis ist die Schuldbeziehung zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner. Als Deckungsverhältnis bezeichnet man die Beziehung zwischen dem Schuldner und dem Leistungsmittler. In der Regel ist der Leistungsmittler dem Schuldner aus dem Deckungsverhältnis verpflichtet, die Zuwendung an den Gläubiger des Schuldners vorzunehmen. Es gibt mithin zwei Verpflichtungen und Schuldverhältnisse: die Verpflichtung des Schuldners aus dem Valutaverhältnis, die Leistung an den Gläubiger des Valutaverhältnisses zu erbringen, und die Verpflichtung des Leistungsmittlers aus dem Deckungsverhältnis, die Zuwendung an den Gläubiger des Valutaverhältnisses vorzunehmen.

Beide Verpflichtungen werden mit einem Schlag durch die Zuwendung des Leistungsmittlers an den Gläubiger des Valutaverhältnisses erfüllt. Das kann man sich erfüllungsrechtlich mit folgenden Überlegungen verdeutlichen: Der Gläubiger des Valutaverhältnisses erhält seine Leistung nicht durch eine Zuwendung seines Schuldners, sondern durch die Zuwendung des Leistungsmittlers. Die Schuld des Schuldners aus dem Valutaverhältnis kann nur getilgt werden, wenn es eine auf den Schuldner zurückzuführende Tilgungsbestimmung gibt. Die Tilgungsbestimmung des Schuldners überbringt der Leistungsmittler als Bote des Schuldners. Die Botenstellung wird durch den Überweisungsauftrag begründet. Die Empfangszuständigkeit des Gläubigers für die für ihn gedachte Leistung bereitet keine Probleme. Die Tilgung der Verpflichtung des Leistungsmittlers gegenüber seinem Auftraggeber, dem Schuldner der Valutabeziehung, ergibt sich aus der Empfangszuständigkeit des Gläubigers der Valutabeziehung für die Tilgungsbestimmung des Leistungsmittlers. Hier erweist sich der Gläubiger der Valutabeziehung als Empfangsbote der für den Schuldner der Valutabeziehung gedachten Tilgungsbestimmung.

Auch bei der Einschaltung von Leistungsmittlern kann es vorkommen, dass Leistungen erbracht werden, für die es keinen Rechtsgrund gab: Der Schuldner mag im Valutaverhältnis gar nichts schulden, der Leistungsmittler mag gar nicht verpflichtet sein, die Zuwendung vorzunehmen. Hier stellt sich die Frage nach der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung in solcherart gestörten Dreiecksbeziehungen. Die Antwort lautet: Nicht das Zuwendungsverhältnis, sondern das Deckungs- und das Valutaverhältnis sind für die Rückabwicklung entscheidend. Rückabgewickelt wird mit anderen Worten nur in den gestörten Schuldbeziehungen und nicht im Zuwendungsverhältnis, auch nicht, wenn die Schuldbeziehungen im Deckungsverhältnis und im Valutaverhältnis zugleich gestört sind.

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© Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann. 
Bei Fragen und Unklarheiten wenden sich meine Studenten bitte an:
Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann.
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