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Beobachtung von Schutzpflichten

Zwischen Gläubiger und Schuldner bestehen meist weiter gehende Rechtsbeziehungen als lediglich die eine Forderungsbeziehung, die wir Schuldverhältnis im engeren Sinne nennen. Das gesamte Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner wird als Schuldverhältnis im weiteren Sinne bezeichnet. Dieses umfasst neben den Hauptleistungspflichten noch weitere Pflichten, die man Nebenpflichten nennt. Diese Nebenpflichten kann man in zwei große Gruppen aufteilen: Nebenleistungspflichten und Schutzpflichten.

Unter Nebenleistungspflichten versteht man die aus § 242 BGB folgende Pflichten, die dem Schuldner gebieten, sich so zu verhalten, dass der Vertragszweck erreicht werden kann und auch nicht nachträglich gefährdet oder beeinträchtigt wird. Von diesen die Erfüllung der Hauptleistung vorbereitenden und sichernden Nebenpflichten sind die Schutzpflichten zu unterscheiden, die darauf gerichtet sind, den Gläubiger nicht in seinen sonstigen, vom Erfüllungsinteresse zu unterscheidenden Interessen zu beeinträchtigen. Die Schutzpflichten erlegen dem Schuldner demnach die Pflicht auf, das Integritätsinteresse des Gläubigers zu wahren.

Während das Schuldverhältnis im engeren Sinne gemäß § 362 Abs. 1 BGB nach Erfüllung erlischt, können die Schutzpflichten durchaus auch über die Erfüllung der Hauptleistungspflichten hinaus fortwirken. Die Schutzpflicht dauert dabei an, solange die durch den geschäftlichen Verkehr bedingte gesteigerte Einwirkungsmöglichkeit des Gläubigers besteht. Daher muss der Inhaber eines Ladengeschäfts seinen Kunden auch nach vollständiger Abwicklung des Kaufvertrages, also nach Erfüllung der beiderseitigen Hauptleistungspflichten, so lange vor Schaden bewahren, wie dieser sich noch in den Geschäftsräumen aufhält. Da die Schutzpflichten keinen bestimmten Inhalt haben und auch nicht im Hinblick auf Leistungszeit und Leistungsort eindeutig bestimmt sind, sind sie nicht vergleichbar einer Hauptleistungspflicht "erfüllbar". Da weiter die Beobachtung von Schutzpflichten regelmäßig nicht selbständig einklagbar ist, schlagen etwa Schmidt/Brüggemeier vor, auf der Schutzpflichtebene besser nicht von "Erfüllung" zu sprechen (Schmidt/Brüggemeier, Grundkurs Zivilrecht, 7. Auflage 2006, Rdnr. 347).

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© Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann. 
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Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann.
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