Euleklein.gif (982 Byte) Verzugsfolgen Eulerechtsklein.gif (984 Byte)

Home Nach oben Nichtleistung Fälligkeit Mahnung Verschulden Synallagma Verzugsfolgen

Verzugsfolgen

Ersatz des Verzögerungsschadens gemäß § 280 Abs. 1 und 2 BGB

Entsteht dem Gläubiger infolge der verzögerten Leistung ein Schaden, so kann er diesen nach § 280 Abs. 1 und 2 BGB ersetzt verlangen. Dabei ist es grundsätzlich gleichgültig, aus welchem Schuldverhältnis (im weiteren Sinne) die Forderung stammt, mit der der Schuldner in Verzug geraten ist, da § 280 Abs. 1 und 2 BGB grundsätzlich auf Forderungen jeder Art, also auch auf Ansprüche aus gegenseitigen Verträgen oder aus sachen-, familien- und erbrechtlichen Tatbeständen, anwendbar ist. Der Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens nach § 280 Abs. 1 und 2 BGB tritt neben den fortbestehenden Erfüllungsanspruch und ist daher auch streng vom Anspruch auf Ersatz des Nichterfüllungsschadens (Schadensersatz statt der Leistung) nach § 281 Abs. 1 BGB zu unterscheiden, der gerade an die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt und damit im Falle eines vertraglichen Schuldverhältnisses zur Vertragsliquidierung führt.

Als Verzögerungsschaden gemäß § 280 Abs. 1 und 2 BGB ist dem Gläubiger der gesamte auf die Verzögerung zurückzuführende Schaden zu ersetzen. Der Schuldner braucht diesen Schaden nicht schuldhaft herbeigeführt zu haben. Das Vertretenmüssen spielt lediglich für die Pflichtverletzung (die nicht rechtzeitige Leistung) als solche eine Rolle (§§ 280 Abs. 1 Satz 2, § 286 Abs. 4 BGB). Aus diesem Grunde ist es auch gleichgültig, ob der Schuldner die Entstehung des Schadens vorhersehen konnte oder nicht. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruches richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 249 bis 255 BGB (RGZ 107, 149, 150): Der Gläubiger ist also so zu stellen, wie er bei rechtzeitiger Erfüllung des Schuldners stehen würde, wobei bei dem Vergleich der gegenwärtigen, tatsächlichen Vermögenslage des Schuldners mit seiner hypothetischen Vermögenslage bei der gegenwärtigen Vermögenslage die Erfüllung des Anspruchs, wenn sie nicht bereits erfolgt ist, hinzugedacht werden muss. 

Die nach § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich zu leistende Naturalrestitution wird aber praktisch nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen, so dass der Verzögerungsschaden regelmäßig gemäß § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu ersetzen sein wird. Ein besonders einprägsames Beispiel für eine solche ausnahmsweise in Betracht kommende Naturalrestitution stellt der in RGZ 131, 158 ff. geschilderte Fall dar, in dem der Eigentümer eines Grundstückes, der dem Eigentümer eines benachbarten Rittergutes ein Wegerecht an seinem Grundstück eingeräumt hatte, sich diesem gegenüber auch vertraglich zur Instandhaltung dieses Weges verpflichtet hatte und dieser Unterhaltungspflicht nicht nachgekommen war, so dass der Weg infolge des Verzuges derart beeinträchtigt worden war, dass er anders als durch Pflasterung nicht mehr in einen dem früheren Zustand entsprechenden Zustand versetzt werden konnte. In diesem Fall hat das Reichsgericht dem Gläubiger als Ersatz des Verzögerungsschadens Naturalrestitution zugebilligt (RGZ 131, 158, 178).

Im Einzelnen kann der Gläubiger als Ersatz des Verzögerungsschadens insbesondere die folgenden Schadenspositionen geltend machen:

* Entgangener Gewinn (§ 252 BGB): Der Gläubiger kann nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 252 BGB den entgangenen Gewinn verlangen, den er aus einem beabsichtigten, infolge des Verzuges aber nicht realisierten, Geschäft gezogen hätte. Dies geht nach der Auffassung des BGH sogar so weit, dass dem Gläubiger auch der entgangene Gewinn aus solchen Geschäften (wie z.B. Spekulationsgeschäften in Aktien) zu ersetzen ist, zu denen er sich erst während des Verzuges entschlossen hat, und die er durchgeführt haben würde, wenn er über den geschuldeten Gegenstand hätte verfügen können (BGH NJW 1983, 758).

* Nutzungsausfall: Seit der Entscheidung des Großen Zivilsenats des BGH (BGHZ 98, 212) steht für die Praxis fest, dass entgangene Gebrauchsvorteile nur dann ersetzt werden können, wenn es sich um Wirtschaftsgüter von zentraler Bedeutung für die Lebensführung handelt.

* Kosten der Rechtsverfolgung: Muss der Gläubiger infolge des Verzuges Maßnahmen der Rechtsverfolgung einleiten, so kann er die ihm dadurch entstandenen Kosten als Verzögerungsschaden ersetzt verlangen, wenn die Maßnahmen im Zeitpunkt ihrer Einleitung ("ex ante") sachdienlich erscheinen. Die dem Gläubiger durch die Verzug begründende Erstmahnung entstandenen Kosten sind dagegen nicht nach § 280 Abs. 1 und 2 BGB erstattungsfähig, weil sie noch nicht durch den Schuldnerverzug verursacht sind. Die Kosten einer auf die Erstmahnung folgenden Erinnerungsmahnung sind dagegen aus § 280 Abs. 1 und 2 BGB zu ersetzen. Beauftragt der Gläubiger bei Fruchtlosigkeit der Erstmahnung einen Rechtsanwalt, so stellen die dann anfallenden Anwaltskosten einen Verzögerungsschaden dar, da die Beauftragung eines Anwaltes eine adäquate Folge der Nichtleistung des Schuldners darstellt und es dem Gläubiger nicht zugemutet werden kann, die weitere Rechtsverfolgung selbst zu betreiben. Entscheidet sich der Gläubiger statt dessen für die Beauftragung eines Inkassobüros, das für den Gläubiger die Forderung einziehen soll, dann sind statt der Anwaltskosten die Kosten des Inkassobüros als Rechtsverfolgungskosten zu ersetzen, soweit sie nicht die Sätze der Regelung für Rechtsanwälte übersteigen. Diese Begrenzung folgt aus der Schadensminderungspflicht des Gläubigers, die es nicht zulässt, dass dem Gläubiger ein teurerer Service erstattet wird, den zahlreiche Anwälte billiger anbieten. Umstritten ist, ob der Gläubiger, der weder Anwalt noch Inkassobüro einschaltet, den eigenen Zeitaufwand als Verzögerungsschaden geltend machen kann. Der BGH lehnt dies mit der Begründung ab, die sich im Rahmen des Üblichen haltenden Bemühungen des Gläubigers um die Durchsetzung eines Anspruches gehörten zu dessen eigenen Obliegenheiten und damit zum allgemeinen Lebensrisiko, das jeder selbst zu tragen habe (BGH NJW 1976, 1256, 1257). Demgegenüber wendet eine Ansicht in der Literatur ein, es gehe hier allgemeiner um die Frage, ob der Einsatz der eigenen Freizeit und Arbeitskraft einen Vermögensschaden oder einen nach § 253 BGB nicht ersatzfähigen Nichtvermögensschaden darstellt und plädiert dafür, dem Verlust von Freizeit Vermögenswert zuzumessen. Dafür spricht hier in der Tat, dass es unter dem Aspekt der Schadensminderungspflicht kaum einleuchten will, wenn man den Gläubiger, der sich selbst bemüht und damit die Kosten der Rechtsverfolgung niedrig hält, schlechter stellt als denjenigen, der einen Anwalt oder ein Inkassobüro einschaltet (vgl. J. Schmidt, NJW 1976, 1932, 1933).

Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen

Der Gläubiger einer Geldschuld kann gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB im Falle des Schuldnerverzuges Verzugszinsen als Mindestverzögerungsschaden verlangen. Der Zinssatz liegt bei fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz. Den Basiszinssatz bestimmt § 247 Abs. 1 Satz 1 BGB mit 3,62%. Das ist allerdings keine fest stehende, sondern eine veränderliche Größe. Sie wird verändert in Abhängigkeit von Festsetzungen der Europäischen Zentralbank. Die Deutsche Bundesbank gibt den jeweils geltenden Satz im Bundesanzeiger bekannt und hält Informationen über den Basiszinssatz auch im Internet vor. Zur Zeit (24. April 2007) beträgt der Basiszinssatz 2,7%. Nach § 288 Abs. 2 BGB werden Schuldner von Entgeltforderungen, die keine Verbraucher sind, noch stärker belastet. Für sie beträgt der Zinssatz acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

Der Sinn der Vorschrift des § 288 Abs. 1 und 2 BGB als gegenüber § 280 Abs. 1 und 2 BGB eigenständiger Anspruchsgrundlage liegt darin, dass sie den Gläubiger einer Geldschuld vom Nachweis eines Schadens oder der Kausalität der Leistungsverzögerung für die Schadensentstehung befreit, indem sie die unwiderlegbare Vermutung aufstellt, dass dem Gläubiger ein Mindestschaden in Höhe der Verzugszinsen entstanden ist (BGHZ 74, 231, 235). Dabei trifft die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift den Schuldner jeder Geldschuld, selbst wenn es sich bei ihr um ein zinsloses Darlehen handelt (BGH aaO.) - lediglich für die Schenkung macht § 522 BGB eine Ausnahme. Nach § 288 Abs. 3 BGB wird die Verpflichtung des Schuldners, aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen zu zahlen, durch § 288 Abs. 1 und 2 BGB nicht verdrängt. Dadurch wird gewährleistet, dass ein höherer vertraglich vereinbarter Zinssatz auch während des Verzuges aufrechterhalten bleibt, so dass der Schuldner nicht auch noch von seiner Vertragsverletzung profitiert.

Es liegt auf der Hand, dass der Gläubiger einer Geldforderung infolge des Schuldnerverzuges einen über den Anspruch aus § 288 Abs. 1 und 2 BGB hinausgehenden Verzögerungsschaden erleiden kann. § 288 Abs. 4 BGB stellt klar, dass der Gläubiger diesen Schaden unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 und 2 BGB geltend machen kann. Höhere Schäden können dem Gläubiger insbesondere durch entgangene Anlagezinsen und durch für eine Zwischenfinanzierung aufgewandte Kreditzinsen entstehen. Der im Verlust von Anlagezinsen liegende Verzögerungsschaden kann abstrakt oder konkret berechnet werden. Bei der konkreten Schadensberechnung muss der Gläubiger darlegen und beweisen, ob und wie er das Geld bei rechtzeitiger Leistung des Schuldners angelegt hätte. Bei der abstrakten Schadensberechnung genügt es dagegen, wenn er darlegt und beweist, welcher Zinssatz zur Zeit des Verzuges bei Anlagegeschäften typischerweise am Markt erzielt werden konnte. Kaufleute und Banken können ihren Schaden grundsätzlich abstrakt berechnen. Dazu muss der Gläubiger nur darlegen, dass der Verzug ein Handels- oder Kreditgeschäft verhindert hat, dessen Abschluss typischerweise zum Betrieb des Gläubigers gehört (BGHZ 62, 103, 105). Privatgläubigern dagegen wird die abstrakte Schadensberechnung nur dann ermöglicht, wenn sie Gläubiger eines hohen Geldbetrages sind, den ein Privatmann nach der Lebenserfahrung typischerweise anzulegen pflegt.

Haftungsverschärfung nach § 287 BGB

§ 287 BGB ordnet als weitere Verzugsfolge neben der Verpflichtung des Schuldners zur Leistung von Schadensersatz eine verschärfte Haftung des Schuldners an. Die beiden in dieser Vorschrift enthaltenen Haftungsverschärfungen rechtfertigen sich dadurch, dass in den von ihnen geregelten Fällen die Leistung noch beim Gläubiger vorhanden wäre, wenn der Schuldner fristgemäß geleistet hätte.

Nach § 287 Satz 1 BGB hat der Schuldner während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Da dies unabhängig von § 287 Satz 1 BGB ohne weiteres auch aus § 276 Abs. 1 BGB folgen würde, der nicht nach dem Grad der Fahrlässigkeit differenziert und mithin auch jede Fahrlässigkeit erfasst, erlangt die Vorschrift nur bei den Schuldverhältnissen Bedeutung, die eine Haftungsbeschränkung vorsehen. § 287 Satz 1 BGB hebt demnach während des Verzuges die für bestimmte Schuldverhältnisse vorgesehenen Haftungsprivilegien wieder auf. Beispiele für solche Haftungsprivilegien findet man in §§ 521 BGB, 599 BGB oder § 690 BGB, die die Haftung des Schenkers, Verleihers und des Verwahrers bei unentgeltlicher Verwahrung wegen der Uneigennützigkeit ihres Handelns auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränken.

Die weitere in § 287 Satz 2 BGB angeordnete Haftungsverschärfung sieht vor, dass der Schuldner für die während des Verzugs durch Zufall eintretende Unmöglichkeit der Leistung verantwortlich ist, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten wäre. Diese Regelung wird nur verständlich, wenn man bedenkt, dass der Schuldner unabhängig von § 287 Satz 2 BGB regelmäßig bereits für die während des Verzugs eintretende Unmöglichkeit aus §§ 280 Abs. 1, 283 BGB haftet, wenn zwischen Unmöglichkeit und Verzug ein Zurechnungszusammenhang besteht, da der Schuldner ja bereits nach § 286 Abs. 4 BGB ohne Vertretenmüssen nicht in Verzug gerät. Daher bleiben als Anwendungsbereich des § 287 Satz 2 BGB nur die eher seltenen Fälle übrig, in denen es an einem inneren Zusammenhang zwischen Verzug und Unmöglichkeit fehlt, der Leistungsgegenstand also "durch Zufall" untergeht (vgl. auch zur Vertiefung den kurzen Beitrag von Knütel in NJW 1993, 900 f.). Bereits die hierzu in Lehrbüchern aufgezählten Beispiele wie "Erdbeben, Klimakatastrophen, Vulkanausbrüche oder epidemische Seuchen" (vgl. Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, § 17 III 2) zeigen, dass § 287 Satz 2 BGB nur selten in Alltagsfällen praktische Bedeutung erlangt. § 287 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BGB schließt die Zufallshaftung für den Fall wieder aus, dass der Schaden beim Gläubiger auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten wäre, wenn also die Sache auch beim Gläubiger zufällig untergegangen wäre.

Das kann man sich an folgendem Beispiel klar machen.

Der Verkäufer befindet sich im Verzug, als ein Erdbeben sein Haus und die darin befindliche Kaufsache zerstört. Der Käufer verlangt Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Der Anspruch folgt aus §§ 280 Abs. 1 Satz 1, 283 BGB, dessen anspruchsbegründende Voraussetzung allein die Unmöglichkeit der geschuldeten Leistung ist (wegen § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet das Nichtvertretenmüssen ein Gegenrecht im Sinne einer anpruchshindernden Einwendung). Das fehlende Verschulden - der Verkäufer konnte nichts für das Erdbeben; es war ein "act of god" - führt nicht automatisch zu einem Nichtvertretenmüssen, wenn der Schuldner auch für Zufall einstehen muss. Das ist für den im Verzug befindlichen Verkäufer nach § 287 Satz 2 BGB der Fall. Er muss also Schadensersatz wegen Nichterfüllung leisten, wenn nicht der Schaden auch bei rechtzeitiger Erfüllung eingetreten wäre. Das wäre er (der Schaden) etwa dann, wenn auch das Haus des Käufers mit allen darin befindlichen Sachen von dem Erdbeben zerstört wird, nicht aber dann, wenn der Käufer in einem vom Erdbeben verschonten Bereich wohnt oder die Kaufsache noch vor dem Erdbeben aufgebraucht oder an einen anderen Ort verbracht hätte.

Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 281 Abs. 1 BGB

Der Gläubiger eines Anspruchs kann nach § 281 Abs. 1 BGB anstelle der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung gesetzt hat. Dabei ist in Abgrenzung zu § 283 BGB vorausgesetzt, dass die geschuldete Leistung noch möglich und die Leistungspflicht nicht ausgeschlossen ist. Die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs sind mit Blick auf die Fristsetzung, deren Entbehrlichkeit und die Möglichkeit, bei Teilleistungen Schadensersatz wegen der ganzen Leistung zu verlangen, identisch mit denen, die wir im Zusammenhang mit dem Rücktritt nach § 323 BGB kennen gelernt haben. Der Verzug ist keine Voraussetzung des Schadensersatzanspruchs. Er wird aber regelmäßig vorliegen.

Die Rechtsfolge "Schadensersatz wegen Nichterfüllung" bedeutet, dass der Gläubiger so zu stellen ist, wie er bei ordnungsgemäßer Leistung des Schuldners stünde. Dabei ist der Anspruch jedoch nicht gemäß § 249 Abs. 1 BGB auf Naturalrestitution, sondern auf Geldersatz gerichtet, da der Schadensersatzanspruch nach dem Gesetz an die Stelle des Erfüllungsanspruches tritt (§ 281 Abs. 4 BGB) und Naturalrestitution praktisch dennoch auf Erfüllung hinausliefe. 

Die Rechtsfolge des Schadensersatzanspruchs beschreibt das Gesetz mit Schadensersatz statt der Leistung. Es geht darum, den Gläubiger so zu stellen, wie wenn er die Leistung erhalten hätte. Ihm muss mithin der Wert der ausgebliebenen Leistung und u.U. ein Gewinn ersetzt werden, den er gemacht hätte, wenn er die Leistung erhalten hätte.

Ein Problem könnte sich dann ergeben, wenn die Rechtsfolgen im Rahmen eines gegenseitigen Vertrages zu beurteilen sind, bei dem der Gläubiger der verzögerten und dann nicht mehr geschuldeten Leistung seinerseits zu einer Gegenleistung verpflichtet ist. Die Gegenleistung muss in die Berechnung des Schadensersatzanspruchs einbezogen werden. Zwei Möglichkeiten kommen in Betracht. Bei der einen tritt der Schadensersatzanspruch an die Stelle der jetzt nicht mehr zu erbringenden Leistung (Surrogationsmethode). Die Gegenleistungspflicht bleibt bestehen. Bei der anderen wird der Schadensanspruch mit der Gegenleistung verrechnet, und es bleibt ein Schadensersatzanspruch nur bei einer Differenz (Differenzmethode); so insbesondere, wenn der objektive Wert höher als die vereinbarte Gegenleistung war, oder es um den Ersatz des entgangenen Gewinns geht.

Zum früheren Recht hatte sich die Auffassung gebildet, dass die Surrogationsmethode im Falle des Verzuges nicht anwendbar sei. Diese Auffassung findet in der Neuregelung des Schuldrechts keinen Rückhalt mehr. Mit der Differenzmethode erreichte man im früheren Recht eine Kombination von Rücktrittsfolgen (Entfallen der Gegenleistungspflicht) und Schadensersatzfolgen (z.B. durch den Ersatz des entgangenen Gewinns). An sich war diese Kombination ausgeschlossen, weil sich der Gläubiger zwischen Rücktritt und Schadensersatz entscheiden sollte. Im neuen Recht können Rücktritt und Schadensersatz nebeneinander geltend gemacht werden (§ 325 BGB). Damit entfällt die Notwendigkeit, den Schadensersatz statt der Leistung nach der Differenzmethode zu berechnen. Das Regelwerk vereinfacht sich: Schadensersatz statt der Leistung wird immer nach der Surrogationsmethode abgewickelt. Wer sich von der Gegenleistungspflicht befreien möchte, muss zurücktreten (Faust in: Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, 3. Kapitel/ Rdnrn. 189 ff.). Nach dem Rücktritt ist immer noch Schadensersatz möglich. Bei dessen Berechnung sind der Wert der Leistung und der Wert der Gegenleistung als Rechnungsposten zu berücksichtigen. Das entspricht der Schadensberechnung nach der Differenztheorie.

Fallbeispiel für das Zusammenspiel von Unmöglichkeit, Gläubigerverzug und Schuldnerverzug

In der Vorlesung haben wir als Fallbeispiel den "Garagenbrand" diskutiert. Die Lösung werde ich hier nicht noch einmal präsentieren, weil in unserer elektronischen Fallsammlung ein Parallelfall mit - wie Sie leicht erkennen werden - identischer Problemstellung, Lösungshinweisen und Musterlösung enthalten ist, die keine Wünsche offen lassen. ;-)

Der Fall trägt den schönen Namen "In vino veritas".

Seitenanfang (2184 Byte)

© Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann. 
Bei Fragen und Unklarheiten wenden sich meine Studenten bitte an:
Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann.
Eulerechtsklein.gif (984 Byte)