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Schadensersatz- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Käufers wegen Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes (§§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281, 283, 284, 311a BGB)Durch die Schuldrechtsreform wurde die schadensersatzrechtlichen Rechtsbehelfe des Gewährleistungsrechts sämtlich in das allgemeine Leistungsstörungsrecht integriert, so dass es keine genuin kaufrechtlichen Schadensersatzansprüche mehr gibt. Allerdings werden die bei Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes einschlägigen Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche des allgemeinen Schuldrechts (§§ 280, 281, 283, 284 und 311 a BGB) ebenso wie die Rücktrittsrechte durch das Gewährleistungsrecht modifiziert (vgl. insbesondere §§ 438, 440 BGB). Um die einschlägige Anspruchsgrundlage aufzufinden, muss man zwischen den beiden Schadensarten "einfacher Schadensersatz" und "Schadensersatz statt der Leistung" unterscheiden. Man muss die einschlägige Anspruchsgrundlage also von der Rechtsfolge her bestimmen. Der "Schadensersatz statt der Leistung" (= Schadensersatz wegen Nichterfüllung) umfasst alle dem Käufer infolge der Schlechtleistung entgangenen Vermögensvorteile, also insbesondere den entgangenen Gewinn, das Interesse am Erhalt eines mangelfreien Kaufgegenstandes und den Nutzungsausfallschaden. Der "einfache Schadensersatz" dagegen erfasst den Schaden, der infolge der Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes an anderen Rechten, Rechtsgütern und Interessen des Käufers gemäß § 241 Abs. 2 BGB eingetreten ist, also insbesondere die so genannten "Mangelfolgeschäden" (Bsp.: mangelhaftes Pferdefutter führt zum Tod eines Pferdes) und die vergeblichen Vermögensaufwendungen, die der Käufer im Vertrauen auf die Mangelfreiheit der Kaufsache getätigt hat (Bsp: Kosten für den Einbau einer mangelhaften Telefonanlage) (vgl. zur Abgrenzung der beiden Schadensarten: Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 13. Kapitel, Rdnr. 105 f.; gegen diese von der ganz h.M. vertretene Abgrenzung: Recker, in: NJW 2002, 1247 f., der dafür plädiert den Mangelfolgeschaden unter den "Schadensersatz statt der Leistung" zu subsumieren und § 280 Abs. 1 BGB auf die Fälle der Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichten zu begrenzen). Soll der geltend gemachte Schaden ein "Schadensersatz statt der Leistung" sein, so sind die § 437 Nr. 3, 440 i.V.m. §§ 280 Abs. 1 und Abs. 3, 281 bzw. 283 BGB bzw. §§ 437 Nr. 3, 311 a Abs. 2 BGB einschlägig. Begehrt der Käufer dagegen wegen eines Mangels einfachen Schadensersatz, so sind §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB die richtige Anspruchsgrundlage. Um innerhalb der für den Schadensersatz statt der Leistung einschlägigen Anspruchsgrundlagen die für den jeweiligen Mangelfall richtige Anspruchsgrundlage zu finden, muss man weitergehend danach unterscheiden, ob der Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 275 Abs. 1 bis 3 BGB ausgeschlossen ist und wann das den Anspruch ausschließende Leistungshindernis eingetreten ist: * Bei einem schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht durch Nacherfüllung behebbaren Mangel, ist § 311a Abs. 2 BGB die richtige Anspruchsgrundlage für Schadensersatz statt der Leistung. Beispiele hierfür sind der Stückkauf, bei dessen Abschluss der Kaufgegenstand bereits mit einem nicht behebbaren Mangel behaftet war (Bsp.: Ein Gebrauchtwagen hat schon bei Vertragsschluss einen nicht reparablen Getriebeschaden) oder der Gattungskauf, bei dem die gesamte Gattung mit einem nicht behebbaren Mangel behaftet ist (Bsp.: Ein Modell einer Automarke hat - technisch unbehebbar - einen erheblich höheren Benzinverbrauch als vertraglich vereinbart). * Bei einem nach Vertragsschluss und vor Erfüllung eingetretenen nicht behebbaren Mangel ist §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB die richtige Anspruchsgrundlage für den Schadensersatz statt der Leistung. Beispiele hierfür sind bei einem Stückkauf etwa der Unfall des verkauften Pkw vor Übereignung an den Käufer und beim Gattungskauf etwa der Pilzbefall des gesamten Obstbestandes eines Landwirtes, der schon vor der Ernte eine bestimmte Menge seines Obstes (beschränkte Gattungsschuld oder Vorratsschuld !) an einen Lebensmittelhändler verkauft hatte. * Bei einem durch Nacherfüllung behebbaren Mangel ist §§ 440, 280 Abs. 1 und 3, 281 die richtige Anspruchsgrundlage. Hier gilt also - mit Ausnahme der Durchbrechungen dieses Prinzips in § 281 Abs. 2 und § 440 S. 1 BGB - der Grundsatz des Vorranges der Nacherfüllung, so dass der Schadensersatzanspruch regelmäßig erst entsteht, wenn eine vom Käufer gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung fruchtlos verstrichen ist. Begehrt der Käufer schließlich Ersatz einer Aufwendung, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Sache gemacht hat, so kann er diese gemäß § 284 BGB "anstelle des Schadensersatzes" ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Rentabilität, die diese Aufwendung bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung für den Käufer mit sich gebracht hätte, ersetzt verlangen, wenn er die Aufwendungen "billigerweise machen durfte". Gegenüber diesen Anspruchsvoraussetzungen kann der Verkäufer anspruchshindernd einwenden, dass der vom Käufer mit den Aufwendungen verfolgte, nicht notwendig wirtschaftliche, Zweck auch ohne die Pflichtverletzung nicht erreicht worden wäre. Hinsichtlich des Inhaltes des Schadensersatzanspruches statt der Leistung ist noch aus spezifisch kaufrechtlicher Sicht Folgendes zu bemerken: Der Käufer kann als Schadensersatz statt der Leistung entweder "großen" oder "kleinen" Schadensersatz anstreben. Großer Schadensersatz bedeutet, dass der Käufer den mangelhaften Kaufgegenstand zurückgewährt und an seiner Stelle den gesamten Wert der Sache (nebst Vermögensfolgeschäden wie entgangenem Gewinn) ersetzt bekommt. Kleiner Schadensersatz bedeutet demgegenüber, dass der Käufer den mangelhaften Kaufgegenstand behält und nur Schadensersatz in Höhe der Wertdifferenz zwischen dem Wert des Kaufgegenstandes im mangelfreien Zustand und seinem tatsächlichen Wert (nebst etwaigen Vermögensfolgeschäden) bekommt. Die Geltendmachung des großen Schadensersatzes (das Gesetz spricht von "Schadensersatz statt der ganzen Leistung") kann der Verkäufer durch die anspruchshindernde Einwendung bekämpfen, dass die Pflichtverletzung unerheblich ist (§ 281 Abs. 1 S. 3 BGB: vgl. die Parallele zu § 323 Abs. 5 S. 2 BGB!). Ist für den Käufer abzusehen, dass die Pflichtverletzung unerheblich ist und dass dem Verkäufer der Beweis der dieser Wertung zugrunde liegenden Tatsachen im Prozess voraussichtlich gelingen wird, wird er sich von vorneherein auf die Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes beschränken. Dabei muss er allerdings Folgendes beachten: Grundsätzlich lässt § 325 BGB - im Unterschied zum alten Recht - die Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung trotz gleichzeitigen Rücktritts zu. Das Schadensersatzbegehren darf also mit den Rücktrittsfolgen kumuliert werden. Allerdings gilt dies nur für den großen Schadensersatz. Demgegenüber kann der kleine Schadensersatz bei gleichzeitigem Rücktritt nicht mehr begehrt werden, da durch den Rücktritt der Vertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt wird und damit der Rechtsgrund zum Behaltendürfen des Kaufgegenstandes aus Käufersicht entfällt. Im Falle des Eingreifens des § 281 Abs. 1 S. 3 BGB ist der Käufer, der Schadensersatz begehrt, also gut beraten, nicht zugleich den Rücktritt zu erklären (vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 541). |
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