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Zeitpunkt der Schadensberechnung

Der Zeitpunkt der Schadensberechnung wird insbesondere für diejenigen zum Problem, die die Schadensermittlung nach der Differenzhypothese vornehmen und hypothetische Schadensverläufe ebenso schadensmindernd in Rechnung stellen wie die selbständigen Vorteile, die der Geschädigte aus dem Haftpflichtereignis erlangt. Sie müssen nämlich angeben, wann die Bilanzen zu erstellen sind, deren Saldovergleich den zu ersetzenden Schaden anzeigt, und - darin liegt das eigentliche Problem - was mit den Entwicklungen geschehen soll, die nach dem Bilanzabschluss eintreten oder (als hypothetische) eingetreten wären. In dieser Form stellt sich das Problem nicht, wenn man (wie Keuk S. 29 ff., 89 ff.) den jeweiligen Einzelschaden auf den Entstehungszeitpunkt fixiert, von dem an nur noch die Erfüllung den einmal entstandenen Schaden tilgen kann. Keuk bezahlt die Einfachheit ihrer Lösung allerdings mit der Aufgabe der schadensrechtlichen Ausgleichsfunktion, indem sie dem Geschädigten gestattet, sich ,,über Gebühr" am Schadensfall zu bereichern.

Bilanzinterne Bewertung einzelner Positionen

Das Zeitpunktproblem verdankt sich nicht allein der Entscheidung, hypothetische Kausalverläufe und haftungsbedingte Vorteile schadensmindernd in Rechnung zu stellen. Es tritt auch als bilanzinternes Bewertungsproblem auf, wenn der Wert des individualisierten realen Vermögensabflusses oder verhinderten Vermögenszuflusses schwankt. Drei denkbare Zeitpunkte stehen zur Entscheidung: 1. der des effektiven Vermögensabflusses, resp. des verhinderten Vermögenszuflusses (so Keuk S. 202), 2. der der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Prozess (so die h. M.: Esser-Schmidt § 31 II 1.b) oder 3. der des Schadensausgleichs (so insb. Grunsky S. 63 ff.). Der erste Zeitpunkt scheidet aus, weil es weder Gründe dafür gibt, den Geschädigten bei Wertsteigerungen so zu kompensieren, dass er nicht in der Lage ist, mit dem Kompensationsbetrag das verlorene Gut zu ersetzen, noch Gründe dafür gibt, ihm beim Wertverfall mehr zu geben, als er zur Ersatzbeschaffung braucht - im Gegenteil: Der Ausgleichszweck gebietet eine Berücksichtigung der positiven wie der negativen Wertschwankungen. Das Prozessrecht legt die letzte mündliche Tatsachenverhandlung als maßgeblichen Bewertungszeitpunkt nahe. Dieser Zeitpunkt ist jedoch materiellrechtlich keineswegs zwingend. Er versagt dort, wo es gar nicht zum Prozess kommt, und führt dann zu zweifelhaften Ergebnissen, wenn nach der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung noch vor dem Schadensausgleich erhebliche Wertschwankungen zu verzeichnen sind. Auch hier verlangt der Ausgleichszweck des Schadensersatzes, die Wertveränderungen zu berücksichtigen. Werterhöhungen kann der Schädiger (eventuell mit einer neuen Klage) geltend machen, Wertverfall eröffnet dem Beklagten den Weg zur Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO. Ein Ende findet die Sache erst, wenn der Schaden ausgeglichen ist. Der Zeitpunkt der Schadensbegleichung ist deshalb als maßgeblicher Bewertungszeitpunkt materiell gerechtfertigt, weil mit dem Ausgleich die Dispositionsmöglichkeiten des Geschädigten beginnen, die ihm Nachteile wie Vorteile bringen können (MünchKomm, 3. Aufl./Grunsky vor § 249 Rdnr. 124 ff., 126, 129 und 4. Aufl./Oetker, § 249 Rdnr. 302, der allerdings (aaO., Rdnrn. 298 und 305) zu Recht darauf hinweist, dass man den materiell - rechtlich maßgeblichen Zeitpunkt vom prozessual maßgeblichen Zeitpunkt unterscheiden muss - prozessual maßgeblich ist natürlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung).

Bilanzabschluss

Die Bestimmung des für den Bilanzabschluss maßgeblichen Zeitpunkts ist nicht so leicht zu treffen. Hier liegt in der Tat ein ungelöstes Problem der Schadensermittlung nach der Differenzhypothese. Denn der Vermögensvergleich lässt sich theoretisch ad infinitum durchführen, und jeder Abbruch bedeutet einen willkürlichen Eingriff, so notwendig er unter praktischen Gesichtspunkten auch sein mag. Dies gilt nicht nur für den im konkreten Prozess unausweichlichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung, sondern auch für den Zeitpunkt der zunächst ausgleichenden Anspruchsbefriedigung. Denn es können sich immer noch selbständige Verluste wie selbständige Vorteile einstellen, die den zunächst erreichten Ausgleich wieder zerstören, ohne dass dies den Dispositionsmöglichkeiten des Geschädigten zuzuschreiben wäre. Weder rechtskräftige Urteile noch ausgleichende Zahlungen nehmen denn auch dem Geschädigten die Möglichkeit, später entstehende selbständige Schäden ersetzt zu verlangen (MünchKomm/Oetker, § 249 Rdnr. 304). Allein die nach der letzten mündlichen Verhandlung realisierten Vorteile oder die sich erst jetzt zeigenden hypothetischen Kausalverläufe, die vor dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung schadensmindernd in Rechnung gestellt worden wären, bergen ein Problem. Rechtstechnisch könnten diese Entwicklungen nach der Zahlung durch einen Bereicherungsanspruch berücksichtigt werden. Dieser Bereicherungsanspruch ist aber sachlich unangemessen, weil er als Damoklesschwert dem Geschädigten die Disposition über den zum Schadensausgleich gezahlten Betrag unnötig erschwert. Von daher bietet sich folgende Problemlösung an: Nach der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung Platz greifende Entwicklungen, die sich in dieser Verhandlung schadensmindernd ausgewirkt hätten, können nur gegenüber einem noch nicht befriedigten Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden - gegenüber dem ausgeurteilten Anspruch im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO), gegenüber neuen Ansprüchen aus demselben Haftpflichtereignis im dann vom Geschädigten anzustrengenden Prozess (im Ergebnis ebenso Lemhöfer JuS 66, 337 ff., 343 f.; v. Caemmerer S. 24; MünchKomm, 3. Aufl./Grunsky vor § 249 Rdnr. 86; a.A. Rother, Haftungsbeschränkung im Schadensrecht, 1965, S. 121 Fn. 3). 

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© Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann. 
Bei Fragen und Unklarheiten wenden sich meine Studenten bitte an:
Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Rüßmann.
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