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Beweisfragen
Die Beweislastfrage für die tatsächlichen Umstände, die nach den Regeln des
Haftungs- und Schadensrechts die Verlagerung des Nachteils vom Geschädigten auf den
Schädiger begründen, ist außerordentlich brisant, wenn es um die im engeren Sinne
haftungsbegründenden Merkmale des Sorgfaltspflichtverstoßes und der
Kausalitätsverknüpfung mit der Rechtsgutsverletzung geht. Hier trifft man gerade in dem
vom BGB am stärksten vernachlässigten Bereich der industriellen Produktion auf
"Haftungsverlagerungen durch beweisrechtliche Mittel" (Stoll AcP 176
(1976), 146 ff.). Im engeren Bereich des die Haftung ausfüllenden Schadensrechts gewinnen
Beweislastfragen nur selten praktische Bedeutung. Der Grund liegt in
§ 287
ZPO, der die Entscheidung über die Entstehung und Höhe eines Schadens dem "freien
Ermessen" des Gerichts überlässt (grundlegend zu
§ 287 ZPO Arens ZZP 84, 1;
Gottwald, Schadenszurechnung und Schadensschätzung, 1979, S. 37 ff., 214 ff.).
Allerdings muss das Gericht in die Lage versetzt werden, seine Schätzungsbefugnisse auch
auszuüben, und die zu diesem Zwecke erforderlichen Informationen über die tatsächlichen
Verhältnisse und Begebenheiten erhalten. Geschieht dies nicht, so ist auch hinsichtlich
der Entstehung und der Höhe eines Schadens zum Nachteil dessen zu entscheiden, der die
Beweislast für die fehlenden Umstände trägt. Der geschädigte Kläger hat die
Beweislast für den realen Abgang eines Vermögenswerts einschließlich der Umstände, die
eine Bewertung in Höhe des beantragten Ersatzes rechtfertigen. Er muss auch den
verhinderten Vermögenszufluss, d. h. die Anstalten und Vorkehrungen beweisen, welche nach
dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen den Vermögenszufluss
wahrscheinlich machten (§ 252 S. 2). Den beklagten Schädiger trifft dagegen die
Beweislast für die schadensmindernden oder -aufhebenden Umstände, die einen
anzurechnenden Vorteil bewirkt oder einen hypothetisch gebliebenen Kausalverlauf mit den
nämlichen Schadensfolgen in Gang gesetzt haben. Die Schadensbegrenzung nach der
Schutzbereichslehre (auch nach der Adäquanztheorie) ist eine beweislastunabhängige
Rechtsfrage (vgl. zu dieser Abgrenzung allgemein Rüßmann, in: Hans-Joachim Koch
(Hrsg.) Juristische Methodenlehre und analytische Philosophie, 1976, S. 242 ff.). |